Ein Megafon der Studis – das studentische Prorektorat

Von Janne Döscher // Illustration von Luca Butt

Das studentische Prorektorat existiert bundesweit nur in einstelliger Anzahl. An der Uni Rostock blicken wir auf eine mittlerweile lange Geschichte dieses Amtes zurück – denn: Unsere Universität hat 2004 als erste Hochschule ein studentisches Mitglied in der Hochschulleitung eingeführt. 

Das Amt ist etwas einmaliges, eine einzigartige Möglichkeit zur Teilhabe auf der höchsten Ebene der Universität. Ich habe nun über eineinhalb Jahre dieses Amt bekleidet und möchte euch meine Erfahrungen und Einblicke teilen (#ichsuchenochneNachfolge).

Alle guten Dinge sind drei – aber wirklich! 

Jetzt wird es erstmal recht technisch, aber auch das muss sein. Das Rektorat, darunter auch das Prorektorat, wird vorrangig durch den Senat und durch das Konzil gewählt. Senat und Konzil sind die beiden höchsten Gremien der Universität. Für das studentische Prorektorat hat einmalig das Studierendenparlament, der StuRa, Vorschlagsrecht. Der StuRa schreibt die Position aus, damit möglichst viele Studis darauf aufmerksam werden. Im Dezember kommt es dann zur Fragerunde und Wahl im StuRa. Danach kommen zwei weitere Frage- und Wahlrunden, erst im Senat und dann im Konzil. 

Interessant sind insbesondere die universitären Gremien, also Senat und Konzil, da dort nicht nur Studis vor einem sitzen. Im Senat haben die Professor:innen die Mehrheit. Für mich war die Vorstellung dort der aufregendste Moment, da ich nicht wusste, welche Fragen auf mich zukommen. Und ich wusste, dass nicht alle Studis vor mir angenommen wurden. Im Konzil sind die Statusgruppen paritätisch verteilt. Es nimmt einem die Nervosität, wenn von 66 Menschen immerhin 22 Studis sind. Mit der Wahl im Konzil endet der Prozess Anfang Februar und die einjährige Amtszeit beginnt dann im April.

Was macht dieses Amt nun aber aus? 

Jetzt mal weg vom technischen Prozess der Wahl – hin zu dem, was das Amt auszeichnet. Schlicht und einfach geht es darum, die Stimme der Studierenden in der Hochschulleitung zu sein: Meinungen einbringen, Entscheidungen zugunsten der Studierenden bewegen. Ansonsten gibt es wenig feste Aufgaben, denn das Amt ist so gestaltet, dass man sich viele Aufgaben und Projekte selbst suchen kann. Man hat also einen großen eigenen Gestaltungsraum. 

Dreh- und Angelpunkt ist die wöchentliche Rektoratssitzung: Dort werden alle Entscheidungen besprochen, diskutiert und beschlossen. Allzu konkret kann ich leider nicht werden, aber neben Richtungsentscheidungen für die Uni, der Planung von Studiengängen und dem Haushalt stehen auch die Besetzung von Professuren und aktuelle Themen auf dem Programm (und noch vieles mehr). Alle Rektoratsmitglieder bringen hier ihre Themen und Projekte ein. Manchmal sind es schnelle Sitzungen, die Terminkalender sind bei allen voll. Manchmal, beispielsweise wenn wir den Haushalt besprechen, dauert die erste Lesung auch mal drei Stunden. Hierbei steht für mich immer die studentische Meinung im Fokus: Projekte sollten immer zum Vorteil der Studis sein, wenn diese sie direkt betreffen. Das ist auch der Ort, wo ich mit meinen vier Kolleg:innen und der Rektorin im gleichen Stimmrecht Entscheidungen treffe. Das ist wohl die stärkste Verantwortung in diesem Amt. Dabei handeln wir als Rektorat stets sehr gut zusammen. Aus meiner Sicht ist es in der Besetzung sehr gemeinschaftlich, konstruktiv und kooperativ. 

Daneben kommen viele weitere regelmäßige Tätigkeiten: beratende Teilnahme an Gremiensitzungen, Wahrnehmung öffentlicher Termine, Arbeitsrunden zu verschiedenen Themen und der Austausch mit den weiteren studentischen Vertreter:innen. 

Ein Fokus liegt auf dem Bereich Studium und Lehre – als Studis der Bereich, der uns am stärksten betrifft. Dort ist der:die Amtsträger:in beratendes Mitglied in der Senatskommission „Studium, Lehre und Evaluation“. Klingt wieder technisch, ist allerdings der Ort, wo alle Studiengänge und Reformen diskutiert und ausgehandelt werden. Als Studierende haben wir dort seit Jahren einen guten Stand und werden eindeutig angehört. Manchmal im Streit, manchmal im guten Kompromiss werden Entscheidungen getroffen, die uns alle betreffen. Beispielsweise wurde dort die Reform der Rahmenprüfungsordnung beschlossen. Konkret heißt das für euch: Ihr dürft nun eure Klausur sieben statt 14 Tage vor dem Termin abmelden oder die Bearbeitungszeit eurer Hausarbeit um bis zu 50 % verlängern. Hier kann man mit etwas Aufwand und Durchhaltevermögen viel erreichen. 

Neben diesen regelmäßigen Tätigkeiten kommen dann die eigenen Themenschwerpunkte dazu, die ich wirklich nur kurz aufführen möchte. Unter anderem arbeite ich beim Studierendenrecruiting mit, um dort strategisch besser aufgestellt zu sein. Denn: Wir wollen auch die neue Generation für unsere Uni begeistern! Außerdem engagiere ich mich für die starke Vernetzung unter den studentischen Beschäftigten an der Uni. Einige Studierende wenden sich auch an mich, um Probleme klären zu lassen. Das Beschwerde- und Anregungsmanagement steht gerade noch auf meiner To-Do-Liste. Hier müssen die Beschwerdestellen, wo sich Studierende melden können, öffentlich und eindeutig auffindbar sein. Exemplarisch möchte ich erstens ein Projekt zum besseren Onboarding von neuen Studierenden erwähnen. Dort sollen unsere Erstis besser an das System „Uni“ herangeführt werden. Zweitens wäre da ein Pilotprojekt für kostenlose Menstruationsprodukte. Hierbei sollen über die Campi verteilt Spender installiert werden, um ein alltägliches Produkt für alle zugänglich zu machen. 

Es gibt sicher noch einiges mehr, was mir jetzt nicht einfallen mag. Arbeit geht in diesem Amt nie aus. 

Projekte über Projekte – bloß wer bezahlt den Spaß? 

Es ist eine Frage, die mich durchaus öfter erreicht und einer kurzen Erwähnung bedarf. Ich habe selbst keinen Topf an finanziellen Mitteln zur Verfügung. Dennoch kann ich meine Projekte ins Rektorat einbringen, wo dann über eine Finanzierung aus 

Rektoratsmitteln entschieden wird. Auch entscheide ich, wie oben bereits erwähnt, beim Haushalt der Uni mit. Dort stehen jetzt nicht meine persönlichen Projekte zur Debatte, allerdings habe ich mich beispielsweise sehr für die erhöhte Finanzierung des Hochschulsports eingesetzt, der mehr moderne Sportstätten braucht (#WaldessaumundSpundwandWassersportanlage). 

Studentisches Prorektorat – das klingt nach viel zu viel Arbeit!? 

Die studentische Vertretung lebt von Engagement, aber nicht bis zum Umfallen. Das habe ich auch schon merken und mir eingestehen müssen. Man kann aus meiner Sicht das Amt mit dem Studium vereinbaren, ich habe mich bewusst nicht dazu entschlossen. Ich habe in vielen Semestern zwischen 12-21 Leistungspunkte neben dem Amt erbringen können. Damit liege ich nicht weit entfernt der üblichen 30 Leistungspunkte pro Semester. Außerdem bin ich damit vollkommen zufrieden und habe eine gute Balance gefunden. Man schafft auch durchaus 30 Leistungspunkte, muss aber aufgrund von Terminen zwischendurch die Anwesenheitspflicht nicht ganz so ernst nehmen. Aber es hatten bis jetzt alle sehr viel Verständnis, wenn man mal nicht zur Veranstaltung kommen konnte. Gleiches gilt für die Rektoratsmitglieder, die meine Prüfungsphase respektiert haben. Ebenso gibt es, wie für das gesamte Engagement in der Studierendenvertretung, eine Verlängerung der Regelstudienzeit (auch fürs BAföG). 

Ich möchte das Amt jetzt auch nicht in den Himmel loben, manchmal ist einfach wirklich sehr viel los. Aber das gehört mit dazu und man braucht dann einfach einen guten Ausgleich zur Tätigkeit als Prorektor:in. 

Ein kleines persönliches Fazit 

Ich bin totaler Fan vom Amt, haha, sonst wäre ich auch nicht für eine zweite Amtszeit angetreten. Man kann viel mitentscheiden, und auch bei vermeintlich kleinen Dingen große Auswirkungen erreichen. Manchmal werden die studentischen Vertreter:innen ja etwas abgetan und beschwichtigt, das passiert dir als Prorektor:in nicht. Ein gewisser Status, auch wenn ich den wirklich ungern nach außen präsentiere, besitzt man in diesem Amt dann doch. Das hat Vorteile, allerdings auch Nachteile, wenn man auch mal ein „normaler“ Studi sein möchte. 

Dennoch: Es lohnt sich! Lasst euch nicht von Geschichten über die studentischen Gremien abschrecken. Vielleicht weckt allein schon dieser Artikel euer Interesse. Ich erzähle euch auch gerne noch weitere Dinge über das Amt. Und ansonsten ist auch jede andere Tätigkeit in der studentischen Vertretung einfach lohnenswert. 

Zum Abschluss: Schreibt mir gern, meine Tür steht immer offen. Und bitte, als euer Kommilitone, erspart mir bitte das „Sie“, dadurch fühle ich mich nur noch älter.

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