Von Janne Döscher // Illustration: Luca Butt
Mit Verwunderung, Entsetzen oder Überwältigung haben viele Studis die E-Mail zur Rückmeldung zum Wintersemester 2025/26 betrachtet. Positive Gefühle sind dabei eher Mangelware. Eigentlich in reiner Routine startete am 02.06.25 der Rückmeldezeitraum für das kommende Wintersemester. Keine Routine ist der Semesterbeitrag von 329 Euro, ein Sprung von 47 Euro im Vergleich zum aktuellen Sommersemester 2025. [1]
Wie kommt es zu dieser Kostensteigerung und warum gab es dazu vorher scheinbar keine Infos? – Eine Analyse.
Zusammenstellung des Semesterbeitrags
Zu Beginn erfolgt ein kurzer Blick auf die Vergangenheit: Wie stellt sich der Semesterbeitrag in den letzten Jahren zusammen? Der Semesterbeitrag besteht seit der Einführung des Semestertickets Ende der 1990er-Jahre aus drei Teilbeiträgen: Studierendenvertretung, Semesterticket, Studierendenwerk.
Teilbeitrag 1 Studierendenvertretung – Um die Arbeit von AStA/StuRa und den Fachschaftsräten zu ermöglichen, gibt es einen Beitrag für die studentische Selbstverwaltung der Studierendenschaft.
Teilbeitrag 2 Semesterticket – Das Semesterticket wird seit dem Sommersemester 2024 als bundesweites Semesterticket im Solidarmodell genutzt (Solidarmodell = alle Studis sind verpflichtet das Ticket zu kaufen, einzelne Ausnahmen wie Auslandsaufenthalt ermöglichen eine Rückerstattung des Tickets). Auch zuvor war das Ticket nur im Solidarmodell erhältlich. [2]
Teilbeitrag 3 Studierendenwerk – Das Studierendenwerk Rostock-Wismar finanziert sich aus Zuschüssen des Landes M-V, den Einnahmen durch Mieten und Mensapreisen sowie dem Teilbeitrag im Solidarmodell.
Die Teilbeiträge 1 und 2 werden vom Studierendenparlament (StuRa), der Teilbeitrag 3 durch das Studierendenwerk, den Aufsichtsrat, festgelegt. [3]
Der Semesterbeitrag hat in den letzten Jahren eine Entwicklung angezeigt – immer weiter nach oben.

Die Entwicklung zeigt, dass der Semesterbeitrag durch die Einführung des bundesweiten Semesterticket bereits einen großen Sprung gemacht hat. Allerdings steigt ebenso der Beitrag für das Studierendenwerk in den letzten Jahren stärker sowie häufiger an.
Bundesweites Semesterticket Hauptursache der Steigerung
Der starke Sprung um 47 Euro auf 329 Euro wird maßgeblich durch das bundesweite Semesterticket verursacht. Der AStA verkündet in seiner E-Mail am 05.06.25 die Erhöhung von 176,40 Euro auf 208,80 Euro – ein Plus von 32,40 Euro. Bloß wie sich diese Erhöhung zusammensetzt, dazu gibt es keine weiteren
Informationen oder Berechnungen durch den AStA.
Das bundesweite Semesterticket kostet 60 % des Deutschlandtickets. Für das Sommersemester 2025 waren das bei 49 Euro Deutschlandticket pro Monat 29,40 Euro. Für die Anpassung auf das 58 Euro Deutschlandticket im Wintersemester 2025/26 sind das folglich 34,80 Euro. [4]
Die Einführung des bundesweiten Semesterticket beruht auf einer 2024 durchgeführten Umfrage. Zu der Zeit haben ca. 86,6 % der Teilnehmenden für das bundesweite Semesterticket gestimmt bei einer Teilnahme von ca. 42 % aller Studierenden (5.177 Studierende). Sowohl die starke prozentuale Beteiligung als auch das klare Abstimmungsergebnis verdeutlichten den Willen der Studierenden für das bundesweite Semesterticket. [StuRa-Protokoll vom 06.12.2023, TOP 2]
Studierendenwerk am finanziellen Limit
Das Studierendenwerk Rostock-Wismar betreibt die Mensen, Wohnheime und sozialen Dienste. In den letzten Jahren gab es immer wieder Erhöhungen der Semesterbeiträge sowie Kürzungen im Angebot. Zu nennen sind Steigerungen bei den Mensapreisen sowie den Wohnheimmieten, der Wegfall der Samstagsöffnung von der Mensa Süd und die Reduzierung der Sozialen Dienste. Die Ausgaben des Studierendenwerks steigen aufgrund der allgemeinen Kostensteigerungen und werden nicht ausreichend gegenfinanziert, weshalb die Studierenden die Kostensteigerungen tragen müssen. [5]
Auf Anfrage schätzt die Rektorin der Uni Rostock – Prof. Dr. Elizabeth Prommer – die Auswirkungen auf die Studierbarkeit und den Studienstandort wie folgt ein:
„Die massive Steigerung des Semesterbeitrags stellt zweifellos eine Herausforderung für die Studierbarkeit und Studienfinanzierung in Rostock dar. Dennoch ist die Erhöhung des Beitrags für das Studierendenwerk auf 109 Euro durch die Aufsichtsratsentscheidung notwendig, um weiterhin eine vielfältige, abwechslungsreiche Versorgung und die breit gefächerten Serviceangebote sicherstellen zu können. Die Anpassung des bundesweiten Semestertickets auf 208,80 Euro ist angesichts der gestiegenen Kosten für das Deutschlandticket, die die Bundesregierung vorgenommen hat, ebenfalls nachvollziehbar. Doch gerade in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern ist das Deutschlandticket von hohem Wert und zahlt sich aus. Insgesamt bleibt der Semesterbeitrag trotz der Erhöhungen vergleichsweise moderat, vor allem im Hinblick auf die Leistungen, die die Studierenden dafür bekommen.“
Der AStA nimmt hingegen die Landesregierung M-V in die direkte Verantwortung. „Das Land spart schon seit langem das Studierendenwerk kaputt. Mit der Erhöhung des Semesterbeitrages und ständigen Erhöhungen der Mensapreise und Mieten in den Wohnheimen versucht das Studierendenwerk irgendwie wegfallende Fördermittel auszugleichen. Das kann kein dauerhafter Zustand sein.“, sagt Max Mario Schade, Vorsitzender des AStA.
Die Wissenschaftsministerium hat auf die Frage zur Verantwortung des erhöhten Semesterbeitrags und der Finanzierung des Studierendenwerks nach einer elftägigen Frist nicht geantwortet.
Das Land M-V ist maßgeblich verantwortlich für die Finanzierung der Studierendenwerke. Die Frage ist, welche Rolle spielen die Studierenden und Hochschulstandorte in der Priorität der Landesregierung und wie werden die Studierendenvertretungen auf die andauernden Kostensteigerungen reagieren?
Sind 329 Euro der neue Höchststand oder nur der Anfang?
Weitere Preissteigerungen im Semesterbeitrag sind nicht ausgeschlossen. Das bundesweite Semesterticket wird bei einem stabilen Deutschlandticket keine Erhöhungen erfahren. Zwar gibt die Bundesregierung an, dass Deutschlandticket bis 2029 stabil zu halten, allerdings ist die Finanzierung nur
für 2025 ausreichend geklärt. [6]
Beim Beitrag fürs Studierendenwerk sehen die Vorzeichen weniger positiv aus. Auf der studentischen Vollversammlung wurde dargestellt, dass es im nächsten Jahr Finanzierungslücken gibt. Die Förderung wurde vom Land noch nicht final zugesagt. Die befristete Bereitstellung von Projektfinanzierungen führt zu einer unsicheren Zukunft. Der Beitrag könnte also im nächsten Jahr weiter steigen. Der angenommene Vollversammlungsantrag zur Lage des Studierendenwerk stellt klar: Die Studierenden stellen sich gegen weitere Kostensteigerungen. [7]
Der AStA hat unter dem Motto „Studieren darf kein Luxus sein – Gegen die Erhöhungen der Semesterbeiträge!“ für den 02. Juli ab 13:30 Uhr auf dem Universitätsplatz eine Demo gegen die Kostensteigerung initiiert. [8]
Kommunikation in die Studierendenschaft – „Mehr als schlecht“
Neben den Steigerungen drängt sich die Frage auf, wieso wurden die Studierenden von der Erhöhung so überrascht? Der AStA-Vorsitzende sieht klare Versäumnisse bei der Studierendenvertretung: „Die Informationsweitergabe an die Studierenden lief von Seite des AStA aus mehr als schlecht. Am 04.06 ging ein Instagram-Post online und am 05.06 haben alle Studierenden eine Mail bekommen, in der die Erhöhung der Preise begründet wurde. […] Diese Weitergabe an Informationen kam dieses Semester viel zu spät und ohne wirkliche studentische Beteiligung.“.
Der AStA räumt klare Versäumnisse bei dem Thema ein. Es wurde weiterhin beschrieben, dass Beteiligungsprojekte aufgrund der fehlenden Zeit nicht umgesetzt werden konnten. Nächstes Mal soll es besser werden, aber reichen diese kritischen Worte aus?
Die Preissteigerung beim bundesweiten Semesterticket lässt eine kleine Debatte entflammen, wer über die Nutzung des Tickets entscheiden soll. Bei der Verhandlung des bundesweiten Semestertickets für das Wintersemester 2025/26 hat sich der StuRa gegen eine Urabstimmung unter allen Studierenden
entschieden. Der vom AStA eingebrachte Antrag scheiterte zweimal an der erforderlichen Mehrheit. Der StuRa entschied unter Einbindung der Fachschaftsräte (über die Fachschaftsrätekonferenz), dass das bundesweite Semesterticket bestehen bleiben soll.
Aber ist das genug Beteiligung? – Die fehlende Kommunikation der Beitragserhöhung und die Ablehnung einer direkten studentischen Beteiligung kann zu Vertrauensverlust in die studentische Selbstverwaltung führen. Auf Social Media wird die Debatte in den Kommentaren eines AStA-Post vom 03.06.25 bereits geführt. Bundesweites Semesterticket – Ja oder Nein? Aufgezwungen oder normale Entscheidungswege? [9]
Was ist eure Meinung zum Semesterbeitrag? Wie steht ihr zur Thematik Urabstimmung zum bundesweiten Semesterticket?
Hinweis: Für alle Studis, die sich den Semesterbeitrag nur schwer finanzieren können, gibt es von der Studierendenvertretung die Semesterbeitragsrückerstattung aus sozialen Gründen. Nach Prüfung der
sozialen Härte kann euch der ganze oder Teile des Semesterbeitrags rückerstattet werden. Für das Wintersemester 25/26 sollte die Antragsfrist am 01.09.25 starten. Weitere Infos beim AStA:
https://www.asta-rostock.de/downloads-und-formulare/rueckerstattung/
Verweise oder weiterführende Informationen:
[1] https://www.uni-rostock.de/studium/studienorganisation/im-studium/rueckmeldung/
[2] https://mirror-macht-mobil.de/massnahmen/details/semesterticket
[3] https://www.asta-rostock.de/downloads-und-formulare/satzungen/Beitragsordnung der Studierendenschaft
[4] https://www.dein-semesterticket.de
[5] https://www.stw-rw.de/de/studierendenwerk/aktuelles.html
Unter „Studierendenwerk Rostock-Wismar schränkt Leistungsangebot ein“
vom 02.04.24.
[6] https://www.deutschlandfunk.de/deutschlandticket-finanzierung-kostenbilanz-100.html
[7] https://files.studicloud.uni-rostock.de/apps/files/files/66801340?dir=/Gremienunterlagen/StuRa/Vollversammlungen/Vollversammlung%202025/Anträge
Login mittels Uni-Kürzel; Antrag 2A
[8] Instagram Profil des AStA: @asta_unirostock
[9] Instagram Profil des AStA: @asta_unirostock