Von Sophie Hartmann // Foto von Tina Maack
In der hitzigen Atmosphäre des US-Wahlkampfs 2024 hat eine unerwartete Figur die Aufmerksamkeit auf sich gezogen und die politische Landschaft aufgemischt: die weltbekannte Pop-Ikone Taylor Swift. Mit Millionen von treuen Fans und einer starken Präsenz in den sozialen Medien hat Swift nicht nur die Charts erobert, sondern auch eine Plattform für politische Botschaften geschaffen, die das Potenzial haben, den Ausgang der Wahlen zu beeinflussen.
Taylor Swift ist derzeit die erfolgreichste Künstlerin weltweit. Allein in den letzten fünf Jahren veröffentlichte sie vier neue Alben. Ihr nächstes Album „The Torturted Poets Departement“ steht bereits in den Startlöchern und wird am 19.04.2024 veröffentlicht. Dies verkündete Taylor Swift bei den Grammy-Awards, als sie ihren 13. Grammy in der Kategorie „Best Pop Vocal Album“ für ihr 2022-erschienenes Album „Midnights“ erhielt. Außerdem schaffte es die Pop-Ikone an diesem Abend, einen Rekord aufzustellen: Sie erhielt als erste Künstlerin überhaupt das vierte Mal den Grammy für „Album of the Year“ (ebenfalls für „Midnights“). Zudem startete die Sängerin letztes Jahr mit „The Eras Tour“ ihre von den Fans lang ersehnte Tour, mit welcher sie weltweit innerhalb weniger Minuten ganze Stadien ausverkauft hat – für fünf der insgesamt 151 Konzerte kommt Taylor auch nach Deutschland. Taylor Swift – eine Powerfrau, die einen Rekord nach dem anderen aufstellt und mit den Swifties (so nennen sich ihre Fans) eine riesige und loyale Fanbase hinter sich stehen hat, welche sie supportet. Wer mehr zu dem Phänomen Taylor Swift lesen möchte, kann dazu gern den zuletzt erschienenen Artikel des heulers zu Taylor im Kulturressort aufrufen, denn hier soll beleuchtet werden, welche Rolle die 34-jährige Sängerin eigentlich in der Politik spielt.
Taylor Swift äußerte sich Ende 2018 erstmals politisch. Nach dem Schulmassaker von Parkland in Florida entstand die Protestbewegung „March For Our Lives“, welche sich für die bessere Kontrolle von Schusswaffen in Privathaushalten einsetzt. Am 23. März 2018 teilte Taylor Swift das Logo der Organisation auf ihrem Instagram-Account und sprach den Angehörigen ihr Beileid aus. Außerdem spendete sie sowohl für die Opfer als auch für „March For Our Lives“. Taylor Swift sprach sich somit öffentlich gegen Waffengewalt aus. Daraus kann man jedoch noch nicht vollständig erschließen, wen Taylor eigentlich wählt. Ihr politisches Schweigen darüber bricht sie am 7. Oktober 2018 im Laufe der Midterms. In einem Post auf Instagram schreibt sie: „Ich schreibe diesen Beitrag über die bevorstehenden Zwischenwahlen am 6. November, bei denen ich im Bundesstaat Tennessee wählen werde. In der Vergangenheit war ich zögerlich, meine politischen Meinungen öffentlich zu äußern, aber aufgrund mehrerer Ereignisse in meinem Leben und in der Welt in den letzten zwei Jahren fühle ich mich jetzt ganz anders darüber. Ich habe immer und werde immer meine Stimme für den Kandidaten abgeben, der die Menschenrechte schützen und für die ich glaube, dass wir sie alle in diesem Land verdienen. […] Ich glaube an den Kampf für LGBTQ-Rechte und daran, dass jede Form von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder des Geschlechts FALSCH ist. Ich glaube, dass der systemische Rassismus, den wir immer noch in diesem Land gegenüber Menschen mit Farbe sehen, beängstigend, widerlich und weit verbreitet ist.“1 In diesem Post spricht sie sich weiterhin gegen Marsha Blackburn, eine von Trump unterstützte Republikanerin, aus. So gerne Taylor Swift auch Frauen in der Politik unterstützen möchte, kann sie es in diesem Fall nicht, denn Blackburn vertritt Werte, welche frauenfeindlich und nicht frauenfreundlich sind. Daher hält sie ihre Community an, Phil Bredesen, einen Demokraten, zu wählen, welcher sich laut ihr als „vernünftig und vertrauenswürdig“ herausgestellt hat. Mit den Worten „Wir wollen Führung, nicht auf Angst basierenden Extremismus“ animiert sie ihre Follower in einem späteren Post erneut für das Early Voting. Das republikanische Lager fühlt sich davon hintergangen und fordert, dass Taylor Swift sich doch lieber wieder ihrer Musik widmen sollte. Als Donald Trump bei einer Pressekonferenz darauf angesprochen wird, sagt er nur, dass er Taylor Swifts Musik nun 25% weniger mögen würde.
Wie wichtig Taylor ihre politische Stimme ist, zeigt sich auch in der Netflix Dokumentation „Miss Americana“, in welcher ebenfalls die besagten Midterms thematisiert werden. Doch öffentlich über Politik zu sprechen, war nicht immer möglich für sie. Taylor startete ihre Karriere als Country-Artist. In der Doku erklärt sie, dass es Country-Artists regelrecht eingebrannt wird, ihre politischen Meinungen nicht öffentlich zu äußern. Als Taylor in der Vergangenheit in TV-Shows auf das Thema Wahlen oder Politik angesprochen wurde, antwortete sie: „Ich bin eine 22-jährige Sängerin, ich bin mir nicht sicher, ob Leute meine politischen Ansichten hören möchten. Ich denke, sie möchten mich einfach nur Lieder über das Ende von Beziehzungen und Gefühle singen hören.“2 oder „Es ist mein Recht zu wählen, aber es ist nicht mein Recht anderen zu sagen, was sie machen sollen.“3 Besonders der Skandal um die Dixie Chicks, welche sich gegen den damaligen Präsidenten Bush aussprachen, verunsicherte Taylor, denn sie liebte die Band.
Sie selbst sagt: „Ich war so verrückt danach, nicht in Schwierigkeiten zu geraten, dass ich einfach nichts machte, worüber irgendwer etwas sagen könnte.“4
Doch die Zeiten, in denen Taylor sich nicht traute, politische Statements zu veröffentlichen, sind vorbei. Immer wieder ruft sie ihre Fans zum Voten auf und unterstützt die LQBTQ+-Community. Im Sommer 2019 hatte das Repräsentantenhaus den Equality Act verabschiedet. Anschließend startete Taylor Swift zum Beginn des Pride-Monats eine Petition auf change.org und schrieb einen Brief an ihren Senator, in dem sie ihn drängte, den Act zu unterstützen. Sie veröffentlichte ihren Brief auf Instagram und ermutigte auch all ihre Follower, dasselbe zu tun. Außerdem fügte Taylor hinzu, dass sie die Briefe unter dem Hashtag #lettertomysenator verfolgen würde. Auch abseits ihrer sozialen Plattformen bringt Taylor ihre politischen Ansichten zum Ausdruck. Auf ihre Petition machte sie erneut aufmerksam, als sie den MTV VMA für das Beste Musikvideo („You Need To Calm Down“) erhielt. In ihrer Dankesrede sprach sie das Weiße Haus direkt an, denn obwohl ihre Petition schon fünfmal so viel Unterschriften wie nötig bekommen hatte, reagierte das Weiße Haus nicht. Überdies sprach sie in einem Interview mit dem Magazin The Guardian über Politik und erwähnte speziell die Präsidentschaft Donald Trumps, welche sie als Autokratie bezeichnete. Darüber hinaus erklärt sie, dass sie selbstverständlich „pro-choice“ ist und Hillary Clinton gern unterstützt hätte, sie jedoch 2016 selbst durch eine schwere Zeit ging. Da Taylor in erster Linie Sängerin ist, ließ sie es sich auch nicht nehmen, ihren politischen Unmut in einem Song festzuhalten. Mit „Only The Young“ (Titelsong zur Doku „Miss Americana“) veröffentlichte sie ein Lied, welches die Machtlosigkeit und Angst der jungen Generation angesichts politischer Korruption und Gewalt thematisiert.
Auch bei der Präsidentschaftswahl 2020 zeigte Taylor Swift ihre Unterstützung für die Demokraten und somit für Joe Biden. Sie teilte via Instagram einen Link, um somit ihre Follower für die Wahlregistrierung zu motivieren. Dies führte zu einem Anstiegt von 35000 neuen Wahlregistrierungen – an nur einem Tag.5 Außerdem sprach sie sich erneut öffentlich gegen Donald Trump aus. Nach den Ereignissen um George Floyd schreibt sie auf der Plattform X (ehemals Twitter): „Nachdem Sie während Ihrer gesamten Präsidentschaft die Flammen des weißen Überlegenheitsgefühls und des Rassismus geschürt haben, haben Sie die Frechheit, moralische Überlegenheit vorzutäuschen, bevor Sie mit Gewalt drohen? ‚Wenn das Plündern beginnt, beginnt das Schießen‘??? Wir werden Sie im November abwählen.“6 Taylors politische Position ist danach mehr als eindeutig. In Bezug auf die anstehende US-Wahl ist der rechte Flügel daher beunruhigt: Mittlerweile hat Taylor Swift allein auf Instagram 280 Millionen Follower. Schafft sie es, auch nur einen Teil davon zu überzeugen, die Wahl anzutreten, könnte sie zu einer politischen Macht werden. Wissenschaftler sind sich einig, dass sie aufgrund ihrer großen Popularität viele Wähler, insbesondere die der jungen Generation, dazu bewegen kann, die Demokraten zu wählen – und somit gegen Donald Trump zu stimmen.7 Welchen Einfluss Taylor Swift ausübt, zeigt sich auch aktuell. Seit ein paar Monaten ist sie mit Football-Star Travis Kelce in einer Beziehung, welcher für die Kansas City Chiefs spielt, eine der erfolgreichsten Mannschaften im American Football. Durch ihre Anwesenheit in den Spielen ist das Interesse an dem Sport deutlich gestiegen. Der diesjährige Superbowl war mit 120 Millionen Zuschauern das meistgesehene Programm in der US-Geschichte.8 Bereits im Vorfeld sorgte die Beziehung der beiden für Schlagzeilen. Besuchte Taylor ein Spiel, um ihren Freund zu unterstützen, war sie auch gelegentlich zu sehen. Viele Fans schalteten daher ein oder versuchten Tickets für die Spiele zu bekommen, um ihrem Idol nah zu sein. Die Beziehung von Taylor und Travis hat das rechte Lager jedoch nur noch weiter verärgert. Soweit, dass der rechte Flügel der Republikaner Verschwörungsmythen über den Popstar und ihre Beziehung verbreitet. Auf Social-Media liest man immer wieder, die Beziehung der beiden sei nur ein PR-Stunt, damit Biden die Wahl gewinnen kann. Mike Crispi, ein Trump Anhänger, postete im Januar auf X, dass die NFL zum Vorteil der Kansas City Chiefs manipuliert sei – durch Taylor Swift und Travis Kelce. Sie alle würden demokratische Propaganda verbreiten.9 Darüber hinaus behauptete der Nachrichtensender Fox News, dass Taylor Swift eine psychologische Waffe des Verteidigungsministeriums sein könnte. Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums dementierte dies jedoch mit einer Anspielung auf einen bekannten Song Taylor Swifts: „As for this conspiracy theory, we are going to shake it off.“10 Die Tatsache, dass sich das Pentagon dazu verpflichtet fühlt, solche Anschuldigungen zu dementieren, zeigt laut Isabell Karras auf, in welche Richtung sich das Ganze entwickelt.11Doch auch wenn alle rechten Verschwörungstheorien um Taylor nicht wahr sind, ist ihr Einfluss nicht zu unterschätzen. Ihre Fähigkeit, eine große Anzahl von jungen Wählern zu mobilisieren, macht sie zu einer entscheidenden Figur im US-Wahlkampf.
1 https://www.instagram.com/p/BopoXpYnCes/?utm_source=ig_embed&ig_rid=a39220be-e10f-49bf-a3f0-e302edfdc36d
2 Doku Miss Americana, Netflix, 2020
3 Doku Miss Americana, Netflix, 2020
4 Doku Miss Americana Netflix, 2020
5 https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/super-bowl-2024-taylor-swift-us-wahlen-100.html
6 https://twitter.com/taylorswift13
7 https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/super-bowl-2024-taylor-swift-us-wahlen-100.html
8 https://www.zeit.de/sport/2024-02/super-bowl-rekord-zuschauer-taylor-swift-kelce
9 https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/super-bowl-2024-taylor-swift-us-wahlen-100.html
10 https://www1.wdr.de/nachrichten/nah-dran-taylor-swift-100.html
11 https://www1.wdr.de/nachrichten/nah-dran-taylor-swift-100.html