Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Quantenphysik hat die Schauvorlesung Physik ihr neuestes Theaterstück ganz der Quantenphysik gewidmet. Die Gruppe, die sich aus Studierenden, Doktoranden und anderen Physikinteressierten zusammensetzt, schreibt jedes Jahr ein neues ca. 60-minütiges Theaterstück mit verschiedenen, vorwiegend physikalischen Experimenten und möchte damit Physik für Interessierte zugänglicher und verständlicher machen.
Autor: Björn Lindqvist, ist seit 2021 in der Schauvorlesung. Fotos: Schauvorlesung der Physik
Ein lauter Knall erschüttert den Hörsaal, die Schauvorleslos[1] nehmen die Finger aus den Ohren und applaudieren. Die Stickstoffexplosion war erfolgreich und das Schauspiel kann weiter gehen. Die Gruppe aus sieben bis15 Mitgliedern probt seit Anfang April ihr aktuelles Theaterstück „S(p)in City – Eine Stadt sucht einen Grundzustand“. Die Auftritte bei der Langen Nacht der Wissenschaften sind die bestbesuchten im Jahr und zu der Schauvorlesung zieht es bis zu 400 Besucher:innen an einem Abend. Dafür machen die jungen Leute alles selber: Experimente zusammenstellen, Kostüme und Requisiten basteln und sich ein Bühnenbild überlegen. Für die Auftritte gibt es verschiedene Bild-, Ton- und Lichttechnik, um die Szenen zu untermalen und bestimmte Elemente hervorzuheben.
Doch worum geht es in dem Stück „S(p)in City“?
Das Stück spielt im Jahre 1925 in der blühenden Metropole Rostock. Die ganze Stadt ist im Quantenfieber – neben den Erzeugungs- und Vernichtungssteinen wurde ein weiteres mysteriöses Artefakt entdeckt. Dem Privatdetektiv Hadronis Dorn ist das alles zu viel und er hat seit Monaten keinen neuen Fall mehr, bis er unerwartet einen kniffligen Auftrag von einem besorgten HiWi erhält und erfährt, dass Prof. Blurius plötzlich verschwunden ist. Mit viel klassischem Kaffee stellt sich der Detektiv den Herausforderungen. Dabei muss er sich mit der gerade entdeckten Quantenphysik herumschlagen und stößt auf seltsame Effekte ebendieser. Kommt mit auf eine Reise voller Experimente, Rätsel und Witze…
Seit mehr als 20 Jahren gibt es die Schauvorlesung am Institut für Physik. In dieser Zeit wurde sie von vielen Generationen von Studierenden getragen. Seit diesem Frühjahr ist sie auch eine offizielle Hochschulgruppe beim AStA der Universität Rostock. Traditionell wird im Winter ein neues Stück geschrieben: Gemeinsam werden Themen gesucht und Rahmenbedingungen festgelegt – auch die eigenen Kapazitäten müssen berücksichtigt werden, damit es auch genügend Schauspielos für alle Rollen gibt. In diesem Jahr stand die Schauvorlesung vor einer besonderen Herausforderung: 2025 ist das Jahr der Quanten. Wie kann man die Quantenphysik dem breiten Publikum aus Schüler:innen, Studierenden und anderen Interessierten verständlich erklären? Welche Experimente gibt es, die dazu passen und die man anschaulich auf der Bühne zeigen kann? Wie kann man Physik so herunterbrechen, dass sie in ein Theaterstück passt? Über mehrere Wochen wurden Ideen gesammelt, Charaktere entwickelt, Witze überlegt und eine spannende Geschichte aufgebaut. Hier ist viel Kreativität gefragt, aber es besteht dadurch auch die Möglichkeit, vieles auszuprobieren. Dabei profitieren die neuen Mitglieder von den Erfahrungen derer, die schon seit einigen Jahren dabei sind und den Entwicklungszyklus eines neuen Stückes schon mehrfach mitgestaltet haben.


Weihnachten ist es endlich soweit und ein 25-seitiges Skript mit Schauspieltext, Bühnenbild und Regieanweisungen ist fertig. Jedes Jahr beginnen die ersten Proben im Februar, und im März wird das neue Stück traditionell zum Physiktag uraufgeführt. Dies ist eine besondere Zeit, in der sich das Skript zu einem Theaterstück auf der Bühne entfaltet. Allerdings ist diese Zeit auch besonders stressig: Viele Requisiten und Kostüme müssen besorgt werden und die konkrete Umsetzung der Ideen aus dem Schreibprozess auf der Bühne wird besprochen. Für die folgenden Auftritte ist schon vieles geklärt und fertig, aber für die Lange Nacht der Wissenschaften und den Hochschulinformationstag warten noch eine Menge Arbeit. Anfang April beginnen die Proben und es werden wieder Texte geübt, Laufwege besprochen und Experimente ausprobiert. Das Experimentieren macht die Schauvorlesung besonders und die Mitglieder haben die Möglichkeit Dinge auszuprobieren, die man weder zu Hause noch im Studium machen kann. Besonders hervorzuheben ist der flüssige Stickstoff, den die Gruppe vom Institut für Physik zur Verfügung gestellt bekommt. Dieser ist minus 196 °C kalt und ermöglicht durch seine vielfältigen und besonderen Eigenschaften eine große Vielfalt an Experimenten. Große Beliebtheit findet die Magnetschwebebahn. Dabei wird ein so genannter Hochtemperatursupraleiter mit flüssigem Stickstoff gekühlt und auf eine Magnetbahn gelegt. Aufgrund der Supraleitereigenschaften schwebt er dann über der Bahn und kann reibungslos darüber gleiten. Neben diesem Experiment gibt es noch viele weitere Versuche mit und ohne Stickstoff, die die eine oder andere Person im Publikum zum Staunen bringen wird.
Auch wenn viel geprobt wird, kann es vorkommen, dass die Schauvorleslos ihren Text vergessen, einen Einsatz verpassen oder ein Experiment nicht so funktioniert, wie es sollte. Dann muss improvisiert werden, damit das Publikum nichts merkt. Gemeinsam unterstützen sich die Schauspielenden und lenken das Gespräch wieder zurück zum Skript-Text. Nicht alle Experimente sind verlässlich und für besonders problematische werden schon im Vorfeld Alternativpläne geschmiedet. Improvisation ist eine hohe Kunst und auch in stressigen und spontanen Situationen gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren. Seit letztem Jahr treffen sich einige Mitglieder wöchentlich außerhalb des Probenzyklus, um Improvisationstheater zu lernen und spontaner und freier auf der Bühne zu sein. Die Treffen finden jeden Montag um 17 Uhr statt und sind unabhängig von den üblichen Proben. Dabei wird jeweils geschaut worauf die Anwesenden gerade Lust haben. Besonders für neue Leute kann das ein einfacher Einstieg ohne Verpflichtungen sein. Es entstehen viele witzige Szenen und spontane Einfälle können sofort ausprobiert und umgesetzt werden.


Seit Jahren begeistert die Schauvorlesung das Publikum mit ihren Auftritten. Besonders zur Langen Nacht der Wissenschaften – dieses Jahr am 15. Mai – ist der Hörsaal 1 im Institut für Physik voll. Und dass, obwohl sie sogar um 17 Uhr und um 21 Uhr auftritt. Wer es nicht schafft, hat eine Woche später, am 24. Mai, beim Hochschulinformationstag nochmal die Chance!
Wenn du jetzt Lust auf Experimente, Theater und eine Schauvorlesung bekommen hast, freuen wir uns auf dich. Besondere Fähigkeiten oder Vorkenntnisse brauchst du nicht mitzubringen, wir haben uns das alles untereinander beigebracht und man kann auch klein anfangen. 😉 Ob Schauspiel, Experimente, Technik oder kreatives Gestalten von Requisiten und Kostümen, mit vielen fleißigen Händen entstehen tolle Auftritte. Wenn du mitmachen möchtest oder Fragen hast, melde dich bei uns unter schauvorlesung.physik@uni-rostock.de oder sprich uns einfach nach dem Auftritt an!
Termine
- 15. Mai 2025 (17 Uhr & 21 Uhr) – Lange Nacht der Wissenschaften
- 24. Mai 2025 (14 Uhr) – Hochschulinformationstag
Die Auftritte finden im Hörsaal 1 im Institut für Physik (Campus Südstadt), Albert-Einstein-Straße 24, 18059 Rostock statt.
Kontakte
Instagram: svl_physik_rostock
Webseite: https://www.physik.uni-rostock.de/veranstaltungen-aktivitaeten/fuer-alle/die-schauvorlesung/
E-Mail: schauvorlesung.physik@uni-rostock.de
[1] Als Schauvorleslos bezeichnen sich die Mitglieder der Schauvorlesung genderneutral selbst.