von Elena Wegener // Illustration von Rosa Staiger
Genau wie Hanna hat mich der Pflanzen-Hype gepackt und ich war der festen Überzeugung, dass ich in kürzester Zeit zur Gärtnerin und Blumenflüsterin werden könnte. Auch ich wurde eines Besseren gelernt. Im Gegensatz zu Hanna befand ich mich aber in dem Glück, dass ich nicht nur einen Balkon besitze, sondern dieser auch noch Richtung Süden ausgerichtet und sogar verglast ist, was es quasi zu einem gratis Gewächshaus macht. Somit fühlte ich mich sehr zuversichtlich, was meine Pflanzenzucht angeht.
Von meiner Mutter bekam ich ein Mini-Hochbeet geschenkt, besorgte mir noch ein paar Übertöpfe für meine Blumenkästen und sammelte Samentüten, um im Frühjahr vorbereitet zu sein und mit dem Gärtnern anzufangen, sobald das Wetter es zulässt. Durch die Verglasung habe ich das Glück, dass schon recht früh im Jahr sommerliche Temperaturen auf meinen Balkon herrschen und ich schon im März damit anfangen kann, die Samen in kleinen Töpfen vorzuziehen. Um mich langsam heranzutasten, fing ich mit Kresse an. Wie die meisten habe ich Kresse schon im Unterricht in der Grundschule angepflanzt und somit fühlte ich mich auf der sicheren Seite, bald schon kleine grüne Blätter zu sehen. Und tatsächlich! Schon nach zwei Wochen war die Kresse erntereif. Gepackt vom Erfolgsgefühl zog ich Spinat-, Erdbeeren- und Tomatenpflanzen vor. Auch Basilikum und Lavendel pflanzte ich in meine Blumenkästen. Leider musste ich schnell feststellen, dass nicht nur die pure Freude und Hoffnung zählt, sondern auch Geduld – und während die Erdbeerpflanzen und das Basilikum vor sich hin wuchsen, ließen die Tomatenpflanzen nur auf sich warten. Ich las in Blogs und Ratgebern, aber vielleicht hatte ich zu viel oder zu wenig gegossen, die falsche Erde verwendet, vielleicht stand der Mond nicht richtig oder, oder… Die Liste von Fehlern, die man bei der Vorzucht machen kann, schienen endlos, doch ich ließ mich nicht unterkriegen, denn der Gedanke, eigenes Gemüse auf meinem Balkon zu ernten, trieb mich an. Ich besorgte mir erneut Anzuchterde und steckte die Samen von Tomaten- und Chilipflanzen in die Töpfe. Nun heißt es warten.
Aber ich übe mich in Geduld und bin schon voller Vorfreude, bald süße Erdbeeren und saftige Tomaten zu ernten. Auch auf den Spinat, den Pflücksalat und die Chilipflanze aus meinem Hochbeet warte ich gespannt. Neben den Gemüse- und Kräuterpflanzen möchte ich auch einheimische Blühpflanzen auf meinen Balkon begrüßen. In meinen Blumenkästen wachsen nun Lavendel, Ringelblumen, Margeriten und Geranien. Diese Pflanzen sehen nicht nur gut aus, sondern erfreuen auch die Bienen. Also werde ich nicht nur Kräuter, Naschobst und Gemüse anbauen, sondern auch das Angenehme mit den Nützlichen verbinden, um mich an vielseitige Blüten und sattem Grün zu erfreuen und gleichzeitig für einen Nektarvorrat für die Bienen zu sorgen.
Zwischen Hochbeeten, Kübeln und Blumenkästen finde ich meine Ruhe, übe mich in Achtsamkeit und lerne sowohl etwas über die Pflanzen als auch über mich. Die verschiedenen Gerüche erfüllen meine Nase, meine Augen erfreuen sich über die bunten Blüten und die Hände fühlen die Erde. Um Audrey Hepburn zu zitieren: „To plant a garden is to believe in tomorrow“ und vielleicht brauchen wir das gerade. Einen Garten, einen Balkon oder eine Fensterbank voller Pflanzen, die uns mit Hoffnung erfüllt und uns durch die schwere Zeit bringt. Ich werde mich weiterhin voller Hingabe um meine Pflanzen kümmern und auch den schier endlosen Lockdown überstehen. Es werden noch weitere Kräuter wie Pfefferminze, Rosmarin, Thymian und Oregano auf meinen Balkon eintreffen, sobald ich mir ein zweites Hochbeet besorgt habe und werde die Gesellschaft von Bienen und Hummeln genießen, während ich versuche, nicht zu vereinsamen, haha.