Johannes König über die Band Blaufuchs und ihr neues Album
Von Sabrina Scholz // Foto von Andreas Rodemann
Zunächst ein Hobby, dann ein wahr gewordener Traum – Johannes König ist Sänger der Rockband Blaufuchs und spielt Konzerte vor hunderten Menschen. Mittlerweile folgen der Band aus Hildesheim 3.000 Menschen auf Instagram, einige Songs haben über 100.000 Klicks auf Spotify und ihr Debütalbum ist seit Ende Mai auf dem Markt.
Doch wie kam es eigentlich dazu? Ich will dieser Frage näher auf den Grund gehen und treffe Johannes für ein Interview – jedoch online, wegen der Entfernung. Er sitzt in seinem Garten in Hildesheim und ich in meiner Wohnung in der Rostocker Innenstadt. An diesem Tag scheint die Sonne und eigentlich würden wir viel lieber am Strand liegen, stellen wir gemeinsam fest. Der 34-Jährige ist in Stralsund aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nach seinem Abitur studierte er Politikwissenschaften in Berlin. Für einen Job zog er nach Niedersachsen und gründete später die Band Blaufuchs in Hildesheim. Nach der kurzen Vorstellung von Johannes kommen wir dann ins Gespräch über die Musik, die Band und das neue Album.
Sabrina: Am Anfang würde mich interessieren, wie du eigentlich zur Musik gekommen bist.
Johannes: Ich komme aus einer Familie mit Profi-Musiker:innen, die in dem Bereich studiert haben. Eine klassische Musikausbildung habe ich auch, aber weder in Gesang noch Gitarre. Das habe ich mir selbst beigebracht. Als ich in Berlin lebte, habe ich auch in einer Band gespielt und viele Erfahrungen gesammelt. Eigene Songs schreibe ich seit meinem 20. Lebensjahr.
Sabrina: Seit wann gibt es die Band Blaufuchs?
Johannes: Der Startschuss war Ende des Jahres 2017. Da haben wir unsere erste EP [Extended Play] gemacht. Das ist jedoch schwer mit der heutigen Band zu vergleichen. Wir haben uns mit vier Leuten gegründet – dabei waren drei, die hier auch in Hildesheim gewohnt haben. Das hat sich in der Corona-Zeit ganz schön geändert. Mittlerweile sind wir zu fünft, mit anderen Gesichtern. In dieser Konstellation gibt es uns seit Anfang des Jahres 2020.
Sabrina: Wie kam es zu der Bandgründung?
Johannes: Die drei Jungs aus Hildesheim haben vorher schon zusammen Musik gespielt und jemanden gesucht. Ich wollte die Herausforderung wagen und mitmachen, obwohl ich mich in einer Band nie als Sänger gesehen habe. Das habe ich am Anfang etwas unterschätzt und wachse da immer noch rein. Zu Beginn haben wir viele Coversongs gespielt. Später kam die Idee, auch eigene Songs zu produzieren. Mittlerweile machen wir das auf einem Level, das schon semi-professionell ist. Aber es ist eher noch ein Hobby.
Sabrina: Woher kommt euer Bandname Blaufuchs eigentlich?
Johannes: Das ist ein Zitat aus der Zeichentrickserie Als die Tiere den Wald verließen. Es geht darum, dass der Wald von den Menschen zerstört wird und die Tiere fliehen müssen. Die Protagonisten sind rote Füchse, die nach ihrer Flucht in einem Naturschutzgebiet ankommen. Dabei treffen sie auf blaue Füchse, die anders aussehen. Der Name ist im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 entstanden. Es soll eine Metapher dafür sein, wie wir als hier lebende Menschen auf die Geflüchteten zugehen, die nach Deutschland kommen.
Sabrina: Ihr habt das neue Album Daran wird es nicht scheitern am 20. Mai rausgebracht. Die erste veröffentlichte Single daraus war Keine Angst, die mit den Bands ZSK und 100 Kilo Herz aufgenommen wurde. Warum ausgerechnet dieser Song?
Johannes: Wir haben uns natürlich gefragt, welche Single als erstes veröffentlicht werden sollte. Das ist ein Song, der uns musikalisch als Band sehr gut zusammenfasst. Wir wollen mit den politischen Songs die Öffentlichkeit erreichen und als Band wahrgenommen werden. In der Szene haben wir durch das Feature mit ZSK und 100 Kilo Herz natürlich viel mehr Aufmerksamkeit erlangt.
Sabrina: In dem Lied Keine Angst singt ihr: „Für eine bessere Welt zu kämpfen, halt mich fest, so fest du kannst. So lang’ die and’ren nie aufgeben, denn wir haben keine Angst.“ Wie stellt ihr euch diese bessere Welt vor?
Johannes: Wir engagieren uns als Band antifaschistisch – ob es bürgerlich, außerparlamentarisch oder im Bildungsbereich ist. Wir wollen uns ganz klar gegen Sexismus positionieren, der in der Szene eine ganz große Rolle spielt. Außerdem setzen wir uns für Geflüchtete ein. Das sind die Kämpfe, die für eine bessere Welt geführt werden müssen.
Sabrina: Ein anderes Motiv in eurem Album ist die Reise. Ihr singt viel darüber, unterwegs zu sein oder nicht richtig anzukommen. Oft wird die Fahrt im Zug beschrieben, die aus der Großstadt herausführt.
Johannes: Das Motiv kommt aus meinem Leben, weil ich die Texte schreibe. Ich bin aus Berlin nach Hildesheim gezogen und das war eine Zeit, in der ich viel hin und her gependelt bin. Da habe ich tatsächlich viel Zeit in Zügen verbracht und dort die Texte verfasst. Dieses Unterwegssein ist auch ein Wachstumsprozess, der uns als Band beschreibt. Natürlich lernt man am meisten, wenn man etwas auf Reisen erlebt und mit Leuten interagiert.
Sabrina: In dem Song Scheitern heißt es: „Scheitern ist auch immer eine Chance“. Ist das mit einem Lebensereignis verbunden?
Johannes: Ich glaube, das ist der inoffizielle Albumsong, weil wir so viele Rückschläge bei der Produktion des Albums hatten. Es ist viel schiefgelaufen. Wir hatten oft Momente, in denen wir alles hinschmeißen wollten, weil uns Leute teilweise im Stich gelassen haben. Der Song ist auch sehr persönlich, weil in meinem Leben Dinge danebengegangen sind. Die Zeile „Zwischen uns liegt so viel mehr als der Atlantik. Was uns trennt ist nicht mehr nur ein Linienflug.“ beschreibt beispielsweise eine Person, die mir vor einigen Jahren sehr nahestand und dann in die USA gegangen ist.
Sabrina: Was steht jetzt in Zukunft für Blaufuchs an? Macht ihr eine Tour?
Johannes: Wir spielen im Sommer auf Festivals. Wir gehen erst im Herbst auf Tour zusammen mit Kopfecho aus Düsseldorf. Das ist unsere erste eigene Tour mit uns auf dem Plakat – das wird sehr spannend.
Sabrina: Kommt ihr auch nach Rostock?
Johannes: In Rostock spielen wir erst mal nicht, wir versuchen aber wieder nach MV zu kommen. Im letzten Jahr haben wir zusammen mit der Band Nullpunkt im M.A.U.-Club gespielt. Das war ein sehr schöner Abend.
Sabrina: Und abschließend würde ich gerne wissen, was das schönste Erlebnis in eurer Bandgeschichte für dich war.
Johannes: Für mich persönlich war es das Konzert, welches wir mit ZSK spielen konnten. Mit 16 Jahren stand ich selbst als Fan vor der Bühne. Circa 17 oder 18 Jahre später stehe ich mit dem Frontmann Joshi gemeinsam auf der Bühne und singe einen Song – was für eine krasse Erfahrung! Wenn ich aber so recht überlege, geht mir eine Sache noch viel näher: Dass uns politisch aktive Kids angeschrieben haben, die sich in den Songs wiedergefunden haben und sie ihnen Kraft geben, weiterzumachen. Das berührt mich, wenn sich andere Menschen von unseren Songs angesprochen fühlen.
Sabrina: Danke, für das Interview!
Johannes: Ich danke auch!