Rostock in Paris

Von Lina Deiß // Illustration von Luca Butt

Wir haben es geschafft! Das Sommersemester ist um. Jetzt kommen die Prüfungen, die hoffentlich alle bestanden werden. Und dann? Sommer, Strand, vielleicht sogar weit weg in den Urlaub. Oder das Praktikum, für das man endlich mal Zeit hat, der Job, der wieder genug Geld einbringt. Aber nicht für alle. Für einige unter uns steht das Jahreshighlight noch bevor: die Olympischen Spiele. Ob Studierende oder Vollzeitsportler:innen, alle Athlet:innen fiebern den Ende Juli beginnenden Wettkämpfen entgegen. Das sportlich große und nur alle vier Jahre stattfindende Ereignis wird dieses Jahr in Paris ausgetragen. Die Olympiade beschreibt dabei den Zeitraum von 4 Jahren zwischen den Spielen, den die Athlet:innen zur Vorbereitung auf das große Event der Olympischen Spiele nutzen. Die Olympischen Ringe symbolisieren übrigens die 5 Kontinente.

Geschichte der Olympische Spiele

Die Olympischen Spiele haben ihren Ursprung in Griechenland. Dem Mythos folgend veranstaltete der Halbgott Herakles die Spiele zu Ehren seines Vaters Zeus. Die griechischen Götter waren also laut des Mythos die ersten Zeugen der Olympischen Spiele. Es gibt Siegerlisten, die bis 776 vor Christus zurückgehen. Allerdings bestanden die historische Spiele bis 724 v. Chr. nur aus einem Stadionlauf. Das Laufen ist also eine der ältesten Sportarten, die in Wettkämpfen durchgeführt wurde. Etwas später kamen dann auch Faust- und Ringkämpfe sowie eine Art antiker Fünfkampf, bestehend aus Diskuswurf, Weitsprung, Speerwerfen, Laufen und Ringen, dazu. Auch Reiten wurde früh in die antiken olympischen Sportarten mit aufgenommen. Für Sportler:innen, beziehungsweise zu dieser Zeit eher Männer, die dem Ruhm hinterherjagen wollten, war es allerdings nicht so leicht an den Spielen teilzunehmen. Die Regeln für eine Teilnahme waren streng. Wer es allerdings nicht nur schaffte dabei zu sein, sondern auch noch gegen die anderen Teilnehmer zu bestehen, dem stand nicht nur großer Ruhm bevor. Sieger mussten keine Steuern mehr zahlen und wurden auf Staatskosten verpflegt. 67 n. Chr. fanden die antiken Spiele ein letztes Mal in Athen statt. Wieder eingeführt wurden sie 1894 von Pierre de Coubertin, einem französischen Studenten, der im Sport ein ideales Mittel sah, um junge Menschen aller Welt zusammenzubringen. Das erste olympische Komitee wurde daraufhin gebildet und damit auch Regeln und die Sportarten, in denen es Wettbewerbe geben sollte, festgelegt. Allerdings traten am Anfang weiterhin hauptsächlich Griechen und ausschließlich Männer an; die Spiele waren einfach zu unbekannt. Aber schon in den darauffolgenden Spielen konnten auch Frauen teilnehmen, zuerst jedoch nur bei den Sportarten Golf und Tennis. Der ursprüngliche Gedanke, die Spiele und den Sport ganz klar von der Politik zu trennen, konnte nicht eingehalten werden. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Sommerspiele im Jahr 1936 in Berlin, die als Propagandamittel genutzt wurden. Heute steckt hinter den olympischen Spielen neben den Wettkämpfen auch eine große Maschinerie. Die Sportler sind bei Weitem keine Amateure mehr und trainieren ihr ganzes Leben um einmal Teilnehmer:in zu sein[1].

Die Geschichte der Paralympischen Spiele ist dagegen deutlich jünger. 1960 wurden erstmals Behindertenwettbewerbe im olympischen Stil in Rom ausgetragen, damals bekannt unter den Namen „Weltspiele der Gelähmten“ oder „Olympiade der Behinderten“. Die Idee alle Behindertengruppen in einem einzigen internationalen großen Wettbewerb zusammenzufassen wurde 16 Jahre später in Toronto geboren. Noch im selben Jahr fanden dann die ersten Paralympischen Winterspiele in Schweden statt. Seit Ende der 80er fasste der Begriff der „Paralympics“ Fuß. Nach der Neudefinierung des ersten Wortteils „Para“ (vorher aus dem engl. „gelähmt“), das jetzt aus dem griechischen „neben“ übersetzt wird, also: „Spiele neben den olympischen Spielen“. In den Jahren 2006 und 2008 wurde dann eine Gleichstellung mit den Olympischen Spielen geschaffen, indem auch bei den Paralympics die Aufwendungen für Unterkunft, Verpflegung und Grundtransport vom Organisator getragen werden muss, sowie eine Teilrückerstattung der Reisekosten. Die  Städte müssen außerdem seit 2012 in ihren Bewerbungen auch die Ausrichtung der Paralympics mit einbeziehen. Entsprechend dieser Vereinbarung beginnen die Paralympics immer spätestens drei Wochen nach dem Ende der Olympischen Spiele[2].

OpenAir Arena Paris

In diesem Jahr finden die Spiele in Paris statt, zum 3. Mal in Frankreich. Für die Pariser Bürgermeisterin Hidalgo richtet nicht nur die Hauptstadt, sondern ganz Frankreich diese Spiele aus. Zwar ist diese Aussage vor allem auf die politische Lage bezogen, allerdings stimmt sie auch örtlich[3]. Es gibt Stadien und Sportstätten sowohl in der Region Paris, als auch in der angrenzenden Region Ile-de-France. Außerdem werden Wettkämpfe in Bordeaux, Chanteauroux, Lyon, Marseille, Nizza, Nantes, Saint- Etienne, Villeneuve-d’Ascq, und auch im Überseegebiet Tahiti stattfinden. Frankreich will die Spiele als ganzes Land veranstalten und möglichst viele Menschen mit einbeziehen. Das Motto „Ouvrons grands les Jeux“ („Games Wide Open“) oder zu Deutsch „Offene Spiele“ wird umgesetzt, indem die Stadt zu einer Open Air Arena gemacht werden soll. Wer keine Tickets hat, um die Wettkämpfe live zu sehen, kann sie natürlich auch vor dem Fernseher verfolgen. Neben den typischen Teamsportarten, die es regelmäßig zu sehen gibt, ist das eine gute Gelegenheit auch mal in andere Sportarten zu schnuppern – es lohnt sich! Meine persönlichen Highlights aus den letzten Jahren sind unter anderem Klettern, Turnen und Surfen, sowie Skateboarding und auch Leichtathletik macht immer Spaß zu gucken. Für die Tänzer gibt es dieses Mal auch erstmalig Wettkämpfe im Breakdance. Im Breaking, wie die Disziplin heißt, muss eine Jury in sechs verschiedenen Kategorien überzeugt werden. Entstanden ist Breakdance in den 70ern im Stadtteil Bronx. Mitte der 80er schaffte es der Tanzstil auch nach Deutschland. In Paris für Deutschland dabei sind Pauline Nettesheim und Sanja Jilwan Rasul[4].

Allez les Rostocks

Wer mit heimischen Sportler:innen mitfiebern möchte, kann ab dem 26.07. beim Rudern, Segeln, Triathlon und Marathon, sowie beim Wasserspringen einschalten. Beim Wasserspringen gibt es Wettkämpfe vom 3-m-Brett und vom Turm. In fünf Durchgängen bei den Frauen und sechs bei den Männern zeigen die Athlet:innen ihre frei gewählten Sprünge und hoffen so sauber wie möglich in einem Mix aus Salti ins Wasser einzutauchen. Seit dem Jahr 2000 gibt es auch Synchronwettbewerbe. Aus Rostock gehen hier an den Start Jette Müller, Espen Prenzyna und Ole Johannes Rösler. Im Segeln wird dagegen eher vermieden ins Wasser zu tauchen. Neben den geschlechtergetrennten Wettbewerben gibt es auch zwei Mixed- Wettkämpfe an denen man teilnehmen kann. Vor der Marina du Roucas- Blanc vor Marseille werden zehn Wettfahrten veranstaltet, bevor es zum Medal Race kommt. Als heimische Athletin anzufeuern ist Hannah Anderssohn.

Auch einige Wochen später bei den Paralympischen Spielen sind Rostocker Athlet:innen in den Sportarten Paraschwimmen und Pararudern oder bei der Paraleichtathletik vertreten. Auch beim Rollstuhlfechten sind die Rostocker Athlet:innen Sylvie Tauber und Balwinder Cheema mit dabei. Das Rollstuhlfechten stellt eine traditionelle Sportart der Paralympischen Spiele dar. Alle, die aufgrund von  körperlichen Einschränkungen nicht am olympischen Fußgängerfechten teilnehmen können, hat die Möglichkeit sich für die Wettkämpfe bei den Paralympics zu qualifizieren. Wie auch im olympischen Fechten gibt es hier verschiedene Waffen in den Wettkämpfen. Beim Rollstuhlfechten gibt es 3 verschiedenen Waffengattungen: Degen, Florett und Säbel, in jeweils Einzel- und Mannschaftswettkämpfen. Im Gegensatz zum olympischen Fechten werden hier allerdings die Rollstühle am Boden festgemacht. Der Abstand ist hierbei abhängig von der Körpergröße und Armlänge der Athleten sowie der jeweilig verwendeten Waffe. Die Regeln stimmen größtenteils überein, die Treffer zählen je nach Waffe. Die paralympischen Athleten werden in 3 Klassen, A, B oder C, eingeteilt, um Fairness in den Wettkämpfen zu schaffen. Auch zu sehen sind die Rostocker Athlet:innen bei den Paralympics im Goalball. Diese Sportart gibt es seit 1976 als Wettkampf für Sehbehinderte bei den Paralympics. Die zwei  3er Teams spielen mit einem Klingelball und tragen dabei Dunkelbrillen. Es wird zwei mal 12 Minuten gespielt, wobei sich Abwehr und Angriff ständig abwechseln. Besonders Konzentration und Schnelligkeit sind hier gefragt. Eine große Besonderheit bei den Spielen ist, dass die Halle und Zuschauer völlig leise sein müssen, damit die Spieler:innen den Ball hören können, um dessen Entfernung und Schnelligkeit einschätzen zu können[5].

Es gibt also viel zu entdecken und sehen. Rostock ist mit 18 Athlet:innen nur ein kleiner Teil der insgesamt 10.500 Sportler:innen aus 206 verschiedenen Ländern. Die Olympischen Spiele haben eine lange Geschichte in der sich die Sportarten weiterentwickelt haben und neue dazugekommen sind. Um die Wettkämpfe günstiger live schauen zu können, kann man sich übrigens als Volunteer bewerben. Neben den Aufgaben, die man dann erledigen muss, kann man so leichter und billiger an Tickets kommen und auch die Unterkunft muss dann nicht selbst bezahlt werden. Wer an der Fußball- EM schon Freude hatte, sollte hier auf jeden Fall auch einschalten. Los geht es mit der Eröffnungsfeier am 26.7. im Stande de France oder gemütlich vor dem Fernseher zu Hause. Wir drücken allen, aber vor allem den Rostocker Sportler:innen die Daumen! Am Ende bleibt mir nur noch zu sagen: viel Spaß beim Schauen und Anfeuern!

Zeitplan: https://olympics.com/de/paris-2024/zeitplan


[1] https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/sport/geschichte_der_olympischen_spiele/index.html

[2] https://www.swissparalympic.ch/paralympics/geschichte-der-paralympics/#:~:text=Spiele%20im%20olympischen%20Stil%20f%C3%BCr,einzigen%20internationalen%20Sportanlass%20zu%20organisieren.

[3] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/frankreich-paris-olympia-neuwahlen-100.html

[4] https://www.teamdeutschland.de/sportarten

[5] https://www.teamdeutschland.de/sportarten

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