Von Janne Döscher und AG StuBecK
Viele Studierende kennen diese Unterstützung an der Uni Rostock zwar nicht, dennoch ist der:die Beauftragte für chronisch kranke und behinderte Studierende ein wichtiger Teil der Beratungsstellen an unserer Universität. Sonderregelungen fürs Studium, Barrierefreiheit oder Nachteilsausgleich – unsere Uni ist eine Einrichtung für alle und soll allen Menschen die gleichen Bedingungen und Unterstützungen bieten.
Obwohl der Bereich eine enorme Wichtigkeit besitzt, gibt es an der Uni Rostock einige Probleme. Eine Arbeitsgruppe (AG StuBecK) des StuRa Sozialausschusses hat sich deshalb zusammengefunden, um die Unterstützungsleistung vor Ort zu beleuchten sowie zu verbessern. Gemeinsam wollen wir nun in diese Analyse blicken.
Gesetzliche Rahmenbedingungen
Der:Die Beauftragte für chronisch kranke und behinderte Studierende ist eine Beratungsstelle an der Universität, an welche sich alle Hochschulmitglieder wenden können. In der Rolle der Beratung können sich alle Studierenden bspw. zum Nachteilsausgleich oder zur Beantragung von Sonderregelungen wenden. Bei Problemen zur Teilnahme an Studium, Lehre und dem Alltag an der Uni kann die entsprechende Person kontaktiert werden. Daneben ist der:die Beauftragte bei akademischen Gremien beratend anwesend, um entsprechende Anmerkungen oder Stellungnahme für den Bereich abgeben zu können. Außerdem wirkt die Person bei Anfragen und Problemlagen in den allen Fachbereichen der Universität mit. [1]
Die Person wird an der Uni Rostock vom Akademischen Senat für zwei Jahre gewählt. Damit wird der:die Beauftragte im zweithöchsten akademischen Gremium bestätigt und agiert auf der gesamten universitären Ebenen. Im Bereich der Fakultäten gibt es als Unterstützung weitere Beauftragte – eine Person pro Fakultät – zur Beratung und Bearbeitung von entsprechenden Anfragen oder Fällen. In der Grundordnung der Universität ist ebenfalls festgehalten, dass neben der ehrenamtlichen Tätigkeit der Fakultätsbeauftragten der:die Beauftragte auf universitärer Ebene eine Freistellung von mindestens 50 % der Diensttätigkeiten erhält. Somit hat die Person für die entsprechende Aufgabe die Hälfte der Arbeitszeit zur Verfügung. Die Uni Rostock unterstützt diese Aufgabe folglich stärker als die gesetzliche Vorgabe des Landes. [2]
Essenzielle Beratungsstelle für betroffene Personen
Es ist unfassbar wichtig, dass rund um Nachteilsausgleiche und die Betreuung chronisch kranker und behinderter Studierender alles gut funktioniert. Ohne umfangreiche Informationen an die Studierenden können diese keine Anträge stellen, ohne eine zügige Bearbeitung ihrer Anträge können keine nachteilsausgleichenden Maßnahmen zustandekommen. Die Beratung und Anträge sind in vielen Fällen aber maßgeblich für den Zugang zu Lehrveranstaltungen und den Studienerfolg. Transparente, schnelle und professionelle Prozesse sind also wichtig, um für alle Studierenden die Bedingungen zu schaffen, die sie benötigen.
Mangelnde Umsetzung in der universitären Struktur
Obwohl es in der Grundordnung eine Festlegung zur Freistellung gibt, wird diese momentan nicht umgesetzt. Herr Prof. Perleth ist neben seiner Tätigkeit als Professor in der Pädagogischen Psychologie auch der universitätsweite Beauftragte für chronisch kranke und behinderte Studierende und übernimmt zusätzlich den Posten des Fakultätsbeauftragten der PHF. Dabei verzichtet er auf diese Freistellung und arbeitet entsprechend neben einer Vollzeitstelle in der Wissenschaft ehrenamtlich an der Aufgabe. Allerdings berichtet die AG StuBecK davon, dass die Beantwortung von Anfragen teils stark verzögert abläuft und es fehlt eine starke Struktur, die durch Freistellung gegeben wäre. Die Universität und der Beauftragte umgehen damit die festgelegte Regel in der Grundordnung und versuchen die Arbeitsbelastung anders zu kompensieren.
Die Pressestelle der Uni Rostock fasst den Sachverhalt weiterhin wie folgt zusammen: „Die Universität Rostock legt größten Wert darauf, den Behindertenbeauftragten durch passgenaue, individuelle Unterstützung in seinem Amt zu stärken. Dabei steht stets das konkrete Bedürfnis des Beauftragten im Mittelpunkt. Die Universität verfolgt konsequent den Ansatz, flexibel auf Anforderungen zu reagieren und maßgeschneiderte Lösungen anzubieten. Auf diese Weise wird die Funktionsfähigkeit nicht nur abgesichert, sondern zugleich ein Arbeitsumfeld geschaffen, das die wichtige Tätigkeit des Beauftragten dauerhaft unterstützt und fördert.“
Seit einigen Monaten ist Prof. Perleth nur noch als Seniorprofessor tätig, er ist also eigentlich im Rentenalter und verlässt die Universität voraussichtlich in einigen Jahren. Damit braucht es dringend eine Nachfolge für die Stelle, um einen guten Übergang herstellen zu können.
Laut der Pressestelle der Universität werden dem Beauftragten studentische Hilfskräfte zur Verfügung gestellt. Daneben gibt es neue Unterstützungsstrukturen, die für Unterstützung sorgen sollen. „Hierzu zählen insbesondere die Ausbildung von mentalen Ersthelferinnen und Ersthelfern sowie von Konfliktlotsinnen und -lotsen, die in verschiedenen Bereichen als vertrauliche Ansprechpartner bereitstehen. Auf diese Weise wird die wichtige Arbeit des Behindertenbeauftragten nicht nur durch konkrete Assistenz im Tagesgeschäft gestärkt, sondern auch durch ein wachsendes Netzwerk an unterstützenden Strukturen flankiert.“, ergänzt die Pressestelle auf eine Anfrage am 15.09.25.
Forderungen der Studierendenvertretung
Die Arbeitsgruppe des StuRa Sozialausschusses hat sich wegen der Neubesetzung und den fehlenden Ressourcen zusammengeschlossen. Die Gruppe hat sich zu Beginn zusammengesetzt, um den IST-Stand zu erkennen und den SOLL-Stand in einen Beschluss der Studierendenvertretung festzulegen. Damit wird dann mit den universitären Akteur:innen gesprochen, um Verbesserungen umsetzen zu können.
Auf der studentischen Vollversammlung am 07.05.2025 haben die Gruppenmitglieder den Antrag mit ihren Forderungen vorgestellt. Dieser wurde sowohl in der studentischen Vollversammlung als auch im Studierendenparlament im Nachgang mit großer Mehrheit angenommen. Die zentralen Forderungen des Beschlusses sind die regelmäßige und flächendeckende offensive Aufklärung über den Nachteilsausgleich sowie der Beratungsangebote zu Studienbeginn und im Verlauf des Studiums. Daneben die Kommunikation der Regeln bezüglich des Nachteilsausgleiches in die Strukturen der Uni Rostock, insbesondere in die Prüfungsämter als entscheidende Gremien. Es sollen alle Informationen und Beratungsstellen öffentlich zugänglich sein, damit ein einfacher Zugang ermöglicht wird. Zusätzlich sollen alle Lehrenden und Mitarbeitenden im Bereich Lehre mit den Regeln vertraut gemacht werden, um die Studierenden entsprechend informieren zu können. Dazu braucht es eine Handreichung, um die Informationen festzuhalten.
Dringender Verbesserungsbedarf erforderlich
Die Studierendenvertretung sieht dringenden Handlungsbedarf, die festgeschriebenen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Die AG StuBecK spricht daher mit den beteiligten Akteur:innen, um eine gut ausgestattete Personalstelle oder die gleichwertige Reduzierung der eigentlichen Arbeitszeit zu ermöglichen. Der Bedarf steigt laut der AG in den letzten Jahren immer weiter. Viele Studierende suchen Beratung bezüglich eines Nachteilsausgleich und die Beratung durch die Beauftragten kommt auf der universitätsweiten Ebene stark an ihre Grenzen.
Um den genauen und weiteren Bedarf messen zu können, hat die AG eine Umfrage zur Thematik erstellt, die bis zum 15.11.25 genutzt werden kann. Alle Studierende der Uni Rostock können unter nachfolgenden Link teilnehmen (Link).
Klar ist, dass die Festlegung in der eigenen Grundordnung nicht erfüllt wird. Dieser Sachverhalt muss dringend kompensiert werden, damit eine starke Beratungsstruktur entsteht. Dafür braucht es nicht nur flankierende Maßnahmen, sondern auch die vorgegebene Freistellung. Die weiteren Unterstützungsmaßnahmen wie Mentale Ersthelfer:innen ist eine punktuelle Lösung, aber universitätsweit und nur punktuell etabliert.
Fragwürdig ist ebenso die Aussage der Universität, dass die Struktur an der individuellen beauftragten Person ausgerichtet ist. Der Fokus sollte mindestens gleichermaßen auf die entsprechenden Studierenden gerichtet sein, für welche die Beratung und Unterstützung gedacht ist.
Beratungsstellen zusammengefasst
Nachfolgend geben wir euch eine Zusammenfassung das Angebot im Rahmen der universitären Strukturen:
Beauftragter für chronisch kranke und behinderte Studierende
Angebot der sozialen Beratung des Studierendenwerks
Beratungsnavigator der Universität Rostock
[1] Landeshochschulgesetzt M-V, § 89 Behindertenbeauftragte oder Behindertenbeauftragter.
[2] Grundordnung Universität Rostock, § 23 Behindertenbeauftragte/Behindertenbeauftragter.