17. Rostocker Koggenzieher

Koggenzieher Bild

Von Milad Khoshdel // Illustration: Rosa Staiger

Unser Autor und Online-Ressortleiter Milad hat sich am letzten Wochenende – ohne jegliches Kabarett-Vorwissen – den Rostocker Koggenzieher angeschaut und für uns seine Gedanken festgehalten. Der Rostocker Koggenzieher ist ein jährlich stattfindender Kabarett-Wettbewerb, der dieses Jahr in die 17. Runde geht. Diesmal konnten wir ihn online durch einen Stream der Ostsee-Zeitung verfolgen.

Samstag:

Am 06. März fand die 3. Runde statt mit den Teilnehmer*innen Rainer Holl, Lina Lärche und Falk, moderiert von Fiete und Schiete.

Die Moderatoren begannen mit einem Klamauk-Gespräch über aktuelle Themen der Pandemie und Politik und überbrückten die Umbauphasen zwischen den Auftritten der Teilnehmer*innen. Dabei funktionierte deren Humor stellenweise recht gut.

Jede*r Kandidat*in hatte 25 Minuten für sein Programm. Am Ende des Abends bestimmte eine Jury den*die Gewinner*in, welche*r sich im Finale mit den Vortagessieger*innen messen wird. Wenn die Entscheidung der Jury nicht eindeutig ausfiel, hatte das Publikum die Möglichkeit, mit einem Klick von zu Hause aus das Zünglein an der Waage zu sein.

Rainer Holl (Stand-up und Satire):

Er beginnt recht typisch, beschreibt seine Person, sein Leben und versucht komödiantisch darüber zu berichten. Sein Thema ist Optimismus und Pessimismus. Als Podcast interessant, als Kabarett zu viel Geschreie, um zu pointieren, wirkt aufgezwungen witzig. Insgesamt zeigt er sehr viel Satire, aber die Stand-up-Comedy kommt kaum durch.

Lina Lärche (Musikkabarett und Show):

Sie erzählt aus ihrem Leben, natürlich mit der Pandemie als Thema, aber auch von ihrer Vergangenheit und ihrem Weg zum Kabarett. Dadurch, dass es sich um ein Musikkabarett handelt, wird immer mal wieder mit einem Lied aufgelockert. Das Programm ist zum Zuhören gut, aber die Witze zünden nicht wirklich. Das musikalische Umtexten zu bekannten Klängen funktioniert gut und klingt schön. Allerdings ist Musikkabarett, zumindest wirkt es so, eher etwas für ein Live-Publikum als für einen Stream, da man nicht „mitmachen/mitschunkeln“ kann.

Falk (Liedermacher und Musikkabarettist):

Falk tritt mit einer Gitarre auf und beginnt ebenfalls mit einer Beschreibung seiner selbst. Als Liedermacher beginnt er schnell mit einem auf der Gitarre kreierten Song mit einer wunderschönen Erzählung. Ok, wunderschön ist nicht gänzlich treffend, eher eine pessimistische Beschreibung des Stadtlebens, welches ihm an einem Tag im Grünen am See fehlt. Interessant ist an seinem Auftritt, dass er seine Gitarre gekonnt zum Hervorheben seiner Erzählung einsetzt.

Insgesamt war der Abend unterhaltsam, man bekam schöne Geschichten aus den Leben der Kandidat*innen zu sehen, allerdings fehlte – meiner Meinung nach – fast vollständig der Humor. Die Musikkabarettist*innen waren dabei am unterhaltsamsten und konnten durch ihr musikalisches Element eine gute Unterhaltungsgrundlage schaffen. Letztlich vermute ich, dass ich zu jung oder nicht alt genug bin, um Kabarett zu verstehen. Vielleicht ist Kabarett auch nur etwas, das vor Ort funktioniert, eine Kunstform, die eben nicht gestreamt werden kann, weil zu viel Atmosphäre auf der Strecke bleibt, dennoch bin ich gespannt, ob am Finaltag mehr zu finden ist.

Am Ende des Abends wurde der Sieger gekürt, welcher am Finaltag noch einmal auftreten darf. Heute Abend wurde es: Rainer Holl.

Sonntag:

Heute wird der Sieger gekürt. Es wird der Goldene-, Silberne- und Bronzene-Koggenzieher verliehen, zusätzlich wird durch die Zuschauer der Publikumspreis verliehen. Der Moderator an diesem Abend ist René Sydow. Dieser gewann 2014 den Goldenen Koggenzieher. Auch er schafft es, humoristisch die Umbauphasen zu überbrücken.

Rainer Holl (Stand-up und Satire):

Heute verglich er einzelne Bundesländer miteinander und das funktionierte. Es war teilweise sehr humorvoll. Mich riss sein Geschreie, um einen Standpunkt zu demonstrieren, allerdings raus. Es war wieder schön zum Zuhören und Umdenken, satirisch großartig, aber es fehlte der Humor.

Liese-Lotte Lübke (Musikkabarettistin):

Liese-Lotte trat mit einem Klavier auf. Eine schöne musikalische Unterhaltung. Sie lud das Publikum zum Mitsingen ein, woran man sehr gut sah, dass ein solches Kabarett-Programm über einen Stream nicht funktioniert. Man konnte der Darbietung gut zuhören und wurde unterhalten, aber die Komik fehlte wieder. Sie selbst ist eine sehr liebe Künstlerin, die viel Herzblut in ihre Darbietung und Texte legt.

Nils Heinrich (Musikkabarettist):

Auch Nils Heinrich trat mit einer Gitarre auf. Seine musikalische Darbietung und der Text waren nicht nur unterhaltsam, sondern auch sehr lustig. Sein Programm war ein Vergleich zwischen Ost- und Westdeutschland, dabei erzählte er sehr humorvoll von ihren jeweiligen Eigenschaften. Es ist unfassbar, aber dieser Mann war komisch. Während alle anderen Kandidat*innen Unterhaltung in Form von einer Erzählung darbrachten, der Humor aber fast gänzlich nicht vorhanden war, schafft es Nils Heinrich unterhaltsam und auch noch lustig zu sein.

Der Finaltag war wesentlich humorvoller als der Vortag. Die Auftritte waren unterhaltsam und lehrreich. Meine Empfehlung ist jedoch, dass man sich den Rostocker Koggenzieher angucken sollte, wenn es wieder möglich ist, ihn vor Ort zu erleben und wenn man Kabarett versteht (mein Ding war es allerdings nicht). Letztlich wird man unterhalten, aber diese Kunstform ist eher etwas für ein Live-Erlebnis, wo die Symbiose zwischen dem*der Künstler*in und dem Publikum stattfinden kann. Also nutzt die Möglichkeit, die Kunst vor Ort wahrzunehmen, sobald es wieder möglich ist, denn über das Internet geht immer etwas Wesentliches verloren.

Goldener-KoggenzieherRainer Holl
Silberner-KoggenzieherNils Heinrich
Bronzener-KoggenzieherLiese-Lotte Lübke
PublikumspreisNils Heinrich

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