Am 8. März ist Feiertag

Von Anna Etzrodt // Illustration von Julia Michel

Am 8. März feiern wir, wie jedes Jahr, den internationalen Frauentag. In MV ist dieser sogar zum ersten Mal ein Feiertag. Das macht uns, neben Berlin, zu den einzigen beiden Bundesländern mit Vorreiterfunktion. Feminismus ist für uns alle wichtig. Das zeigt auch eine Studie über Gewalt in Partner:innenschaften, die durch das Bundeskriminalamt veröffentlicht wurde. Ungefähr 2/3 aller Opfer von Körperverletzungen mit Todesfolge sind Frauen[1]. Schlimmer sieht es sogar bei Mord und Totschlag aus, wovon 90% der Opfer weiblich sind. Das Wort Femizid, also tödliche Gewalt gegen Frauen, aufgrund ihres Geschlechts, ist erst seit 2020 offiziell im Duden und etabliert sich langsam in den juristischen und politischen Sprachgebrauch[2]. Selbstredend, dass die Praktiken dahinter Jahrhunderte überdauerten. Frauen und Minderheiten zu schützen, ist die Hauptaufgabe des Feminismus. Das gelingt, indem Problematiken konkret benannt und Schutzräume sowie Rechte geschaffen werden, in denen die Machtstrukturen des Patriarchats hinterfragt und gelöst werden.

Feminismus ist eine Form der Empathie und Menschlichkeit, die wir alle anstreben sollten. Feminismus heißt nicht, dass alleinig Frauen an die Macht sollen, Minderheiten zu Lenker:innen der Nation werden und weiße cis-Männer in die Bedeutungslosigkeit gedrängt werden sollen. Ziel ist es, weltweit auf Rechte der sogenannten FLINTA*-Personen, was für „Frauen, Lesben, Intersexuelle-, Nicht-Binäre-, Transgender- und Agender“ steht, sowie die Gleichstellung zwischen den Geschlechtern aufmerksam zu machen. Es ist ein Kampf gegen Diskriminierung, gegen Ungleichheiten, für mehr Chancengerechtigkeit und Gleichberechtigung. Der feministische Kampf ist damit nicht nur ein Kampf für Frauen, sondern für alle. Und das macht ihn so bedeutend.

Die Geschichte des feministischen Kampfes

„Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ (§3 Abs 2 GG)

Was wie eine Selbstverständlichkeit klingen mag, ist erst seit 1949, also seit 74 Jahren, in unserem Grundgesetzt verankert. Und noch immer ist das Gesetzt mehr Idealismus als Realität. Dies weist auch das Urteil vom 16.02.2023 des Bundesarbeitsgericht in Erfurt auf, das kürzlich Arbeitgeber:innen auf eben jenes Gesetz verweisen musste. Frauen und Männer gehören für die gleiche Arbeit gleich bezahlt[3]. Und so ist, auch 100 Jahre nach dem ersten internationalen Frauentag, der Kampf für Gleichstellung bedeutsam.

In Deutschland fand der erste internationale Frauentag am 19. März 1911 statt. In Europa und den USA kämpften Millionen Frauen für ihre Rechte. Insbesondere wurde sich auf die Teilnahme an Wahlen fokussiert[4]. Der Frauentag ist jedoch nicht mit einem Tag zur Wertschätzung der (Ehe-)Frau zu verwechseln. Das bloße Schenken von Blumen und ein „Danke für alles, was du machst, Schatzi“, ist keinesfalls die Idee des Frauentags. Um solche Umdeutungen zu vermeiden, sollte der Frauentag bei seinem ursprünglichen Namen bleiben: der feministische Kampftag. Er inkludiert, was der Begriff Frauentag vernachlässigt: Feminismus ist für alle Geschlechter. Weder agender noch nicht-binäre oder trans-Personen werden im Wort Frauentag mitgedacht. Der feministische Kampftag hat vielmehr Streikcharakter, entstand aus der sozialistischen Frauenbewegung und ist eher Protest, als Feier[5]. Nicht nur für Frauen, sondern für alle marginalisierten Geschlechter. Ausdrücke wie „The future is female“, hören sich zwar super an, sind aber keinesfalls Kern des Feminismus. Der internationale Frauentag, der feministische Kampftag, ist und bleibt ein Relikt der sozialistischen, kommunistischen Arbeiter:innenproteste und sollte als solcher fortgeführt werden[6]. Gegen strukturelle Diskriminierungen und für Gleichberechtigung, in allen gesellschaftlichen Schichten. Das ist ein langer und wichtiger Kampf, der, auch von FLINTA-Personen, heutzutage weitergeführt werden muss. Vor allem ist es ein langwieriger Prozess. Es dauerte allein sieben Jahre bis Frauen in Deutschland, im Januar 1919, das Wahlrecht erhielten[7]. Das Bild der Hausfrau, die lediglich dazu befugt ist, Kinder zu gebären und großzuziehen, da sie emotionaler, weniger rational und folglich unfähig für wichtige wirtschaftliche und politische Entscheidungen sind, hält sich hartnäckig und wird durch antifeministische Strömungen aufrechterhalten. Diese sind beispielsweise in den USA äußerst populär. Die Abschaffung von Roe v. Wade in den USA und der konsekutiven Einschränkung des Abtreibungsrechtes, ist nicht nur ein weiterer Rückschlag für Millionen von Frauen. Es ist außerdem ein Einschnitt in die körperliche und geistige Selbstbestimmung von Millionen von Menschen. Der feministische Kampf muss also weiter gekämpft werden. Von uns allen. Für uns alle.

Feminismus in Rostock

Im Jahr 2022 wählte die Universität Rostock eine der ersten Rektorinnen in der Geschichte der Universität. Prof. Dr. Elizabeth Prommer ist die 909. Person, die dieses Amt innehat[8]. Fast gleichzeitig wurde, Ende letzten Jahres, zum ersten Mal eine Frau zur Oberbürgermeisterin gewählt. Eva-Maria Kröger, von DIE LINKE, setzt damit in Rostock einen Meilenstein[9]. Unsere Hansestadt wird das erste Mal, seit Jahrhunderten,  vornehmlich weiblich repräsentiert. Natürlich, um keinen falschen Feminismus zu betreiben, heißt dies nicht, dass Frauen bessere Arbeit leisten würden und dies deswegen positiv zu bewerten wäre. Aber es ist wichtig zu betonen, dass Frauen diese wichtigen Repräsentationsaufgaben häufig nicht zugetraut werden. Dieses Vorurteil zu brechen, ist die Art von Fortschritt und Prozess, den wir brauchen.

Und auch am 8. März werden sich Rostocker:innen für den feministischen Kampftag engagieren. Unter der Initiative „Ein Tag ist nicht genug“ organisiert der Peter-Weiß-Haus e.V. mit verschieden Partner:innen, darunter auch die Hanse- und Universitätsstadt Rostock und der Studierendenrat der Universität Rostock, vom 05.03. – 18.03.2023 die Queerfeministische Festivalwoche. Mit Workshops, Vorträgen und Filmvorführungen widmet sich der Peter-Weiß-Haus e.V., weitere zwei Wochen, dem feministischen Kampf. Dies geschieht in Kooperation mit verschieden Akteur:innen, wie dem Landesfrauenrat Mecklenburg-Vorpommern e.V., Beginen e. V., Catcalls of Rostock, rat+tat e.V. Die Themen reichen über Aktionen zum kollektiven Ankreiden von sexueller Belästigung, über einen Schreiworkshop (Ja, Schrei – einen Schreibworkshop gibt es allerdings auch), bis hin zu Lesungen und Gesprächen mit und über FLINTA-Personen in der Punk-Szene und dem Leben mit Kindern und HIV. Mit der Vielfalt sowie der Intersektionalität der Veranstaltungen, wird vielen Menschen der Zugang zu Feminismus oder eine Vertiefung in spezielle Thematiken ermöglicht. Und natürlich gibt es klassische Demonstrationen. Am Dienstag, den 7. März 2023, lädt das Bündnis 8M Rostock zur Demonstration unter dem Motto „Jeden Tag ein 8. März“ ein.

Wir brauchen Feminismus. Heute und Morgen. Nicht nur um Frauen, sondern alle Minderheiten zu schützen. Engagement ist bedeutend. Und auch wenn ein Blümchen und ein „Danke für alles, was du machst, Schatzi“ lieb sind, reicht das bei weitem nicht aus.

Weitere Informationen zur Queerfeministischen Festivalwoche kommt ihr hier: https://eintagistnichtgenug.de/

Auch das Rathaus Rostock hat einige Veranstaltungstips gesammelt. Diese findet ihr unter: https://rathaus.rostock.de/meldungen/336823


[1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/943644/umfrage/verteilung-der-opfer-von-gewalt-in-der-partnerschaft-nach-straftat-und-geschlecht/

[2] https://www.duden.de/rechtschreibung/Femizid

[3] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/arbeitsgericht-diskriminierung-gehalt-101.html

[4] https://www.dgb.de/schwerpunkt/internationaler-frauentag-weltfrauentag

[5] https://www.hydra-berlin.de/feministischer-kampftag

[6] https://www.egofm.de/blog/arbeit/weltfrauentag-feministischer-kampftag

[7] https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/lexikon-in-einfacher-sprache/314543/frauenwahlrecht/

[8] https://www.uni-rostock.de/universitaet/kommunikation-und-aktuelles/medieninformationen/detailansicht/n/neue-rektorin-fuer-die-universitaet-rostock-professorin-elizabeth-prommer-wurde-zur-nachfolgerin-von-professor-wolfgang-schareck-gewaehlt/

[9] https://rathaus.rostock.de/de/rathaus/aktuelles_medien/eva_maria_kroeger_gewinnt_die_oberbuergermeisterin_stichwahl/332237

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