In MV nichts Neues?

Politik

Von Bastian Karge

Nebst der Bundestagswahlen findet am 26. September auch die Neubesetzung des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern statt. Doch was ist die letzten Jahre in der Landespolitik passiert und was wollen die Parteien nach den Wahlen erreichen?

Was bisher geschah: Bei den ersten Landtagswahlen im Jahre 1990 kommt es zu einem Patt zwischen dem CDU-FDP- und dem SPD-PDS-Lager. Schließlich desertiert ein SPD-Abgeordneter zu den Christdemokraten und ermöglicht die Wahl Alfred Gomolkas zum Ministerpräsidenten. 1994 wechselt sein Nachfolger Berndt Seite wegen des Auszuges der FDP aus dem Landtag zu einer Schwarz-Roten Koalition. Schließlich kommt es 1998 zum kontroversen Regierungswechsel, als Harald Ringstorffs SPD mit der PDS, später die Linke, koaliert. Nach der Wahl 2006 wechselt er zu einer Koalition mit der CDU und tritt 2008 wegen gesundheitlichen Gründen zurück, sodass Erwin Sellering als neuer Ministerpräsident die Koalition fortführt, so auch nach der letzten Landtagswahl im Jahre 2016. Er tritt schließlich 2017 zurück und die damalige Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig wird neue Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern.

Damit leitete Manuela Schwesig die längste Zeit der jüngsten Legislaturperiode die Regierungsgeschicke der Großen Koalition aus CDU und SPD in Schwerin. Da das Ende dieses Kabinetts nun ansteht, lohnt es sich, eine kleine Bilanz zu ziehen:

– Arbeit und Wirtschaft: Vor dem Beginn der Pandemie verzeichnete MV eine stetig sinkende Arbeitslosigkeit und ein steigendes BIP, ehe die Wirtschaft während der Corona-Pandemie leicht absackte. Hinsichtlich der MV Werften gelang es der Landesregierung, die Arbeitsplätze vorerst zu sichern, doch die Werftenkrise bleibt ein Dauerbrenner der Politik in MV. Der große arbeitspolitische Erfolg dieses Kabinetts ist die Einführung des Vergabemindestlohns für öffentliche Aufträge.

– Innere Sicherheit: Mithilfe des Sicherheitspaktes erschuf man neue Stellen und finanzierte mehr Ausrüstung. Mit der Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes MV gewährte man der Landespolizei mehr Befugnisse und löst zivilgesellschaftliche Proteste aus. Des Weiteren offenbarten sich interne Probleme bei Landespolizei und Verfassungsschutz, so zum Beispiel die Verbindungen zur rechtsextremen Gruppe Nordkreuz.

– Soziales und Kultur: Es wurden zahlreiche Maßnahmen wie der Ausbau der Kulturförderung, der Theaterpakt, die Einführung der Landarztquote, die Verbesserung der Integration Zugewanderter und die Erschaffung der Ehrenamtskarte verabschiedet. Das Prestigeprojekt des Kabinetts war die Abschaffung der Elternbeiträge in der Kita.

– Bildung: Der Ausbau der Ganztagsschulen, die zunehmende Digitalisierung der Schulen und die Umsetzung der Inklusion wurden vorangetrieben. Trotz zahlreicher Neueinstellungen besteht weiterhin Fachkräftemangel in den Schulen. Durch den Hochschulpakt wurden den Hochschulen unter anderem Mittel für die Digitalisierung zur Verfügung gestellt. Die Änderung des Landeshochschulgesetzes sah Verbesserungen für die wissenschaftlichen Mitarbeiter und räumt den Hochschulen mehr Freiheiten in der Lehre ein.

– Energie und Umwelt: MV hat seine Menge an erneuerbaren Energien besonders im Bereich der Windenergie ausgebaut und beteiligt sich an der Nutzung von Wasserstoff. Die ökologische Landwirtschaft wurde ausgebaut, der Forstschutz finanziell gefördert und der Moorschutz unterstützt. Trotzdem hat MV noch kein Klimagesetz und die Fertigstellung der Pipeline Nordstream II bleibt umstritten.

– Digitalisierung: Die Landesregierung investierte in den Ausbau der digitalen Verwaltung, ein flächendeckendes Mobilfunknetz und die großflächige Verlegung von Breitbandkabel, doch trotzdem ist die Netzabdeckung im Land noch ausbaufähig und die Digitalisierung nicht abgeschlossen.

– Corona: Auf die Infektionslage wurde konsequent mit entsprechenden Maßnahmen geantwortet und negative Folgen für die Wirtschaft durch Hilfsmaßnahmen teilweise abgefedert. Zwischenzeitliche Probleme beim Impfen wurden ausgeräumt.

Selbstverständlich hat diese kleine Bilanz keinen Anspruch auf Vollständigkeit, doch sie erinnert an einige Kernpunkte der letzten fünf Jahre Landespolitik. Es sind die verschiedenen Parteien, die nun den Wähler:innen Angebote für die nächsten fünf Jahre machen. Insgesamt sechs Parteien haben momentan reale Chancen auf den Einzug in den Schweriner Landtag:

– Die SPD MV bewegte sich seit 1990 stets in der Nähe der 30 %-Marke. Mit Harald Ringstorff und Erwin Sellering etablierte sie sich als die Landespartei. Ihre aktuelle Vorsitzende und Ministerpräsidentin Manuela Schwesig scheint diesen Trend als sehr beliebte Landespolitikerin fortzusetzen. Inhaltlich möchte die SPD nach der Wahl auf bisherigen Errungenschaften aufbauend bessere und mehr Arbeitsplätze, eine nachhaltige Wirtschaft und den Ausbau von sozialen Angeboten erreichen.

– Seit der ersten Landtagswahl wandelte sich die CDU MV vom starken Seniorpartner mit 38 % zum ewigen Juniorpartner mit 19 %. Diese Legislaturperiode leitete sie unter Korruptionsskandalen sowie die Rücktritte der bekannten Landespolitiker Vincent Kokert und Lorenz Caffier. Neuer Landesvorsitzender und Ministerpräsidentenkandidat ist der Landrat Michael Sack. Unter ihm möchten die Christdemokraten sich auf die Wiederbelebung der Wirtschaft und die Stärkung der inneren Sicherheit konzentrieren.

– Mit der Linken kommen wir zur dritten großen Partei in MV. Ähnlich wie die CDU strebte auch sie bei Wahlen stets ein Teil einer SPD-geführten Regierung zu werden, doch war nun seit 2006 in der Opposition. Zur Spitzenkandidatin hatte die Partei ihre Fraktionsvorsitzende Simone Oldenburg gekürt. Thematisch setzt Die Linke diese Wahl sehr stark auf die Forderung nach Verbesserungen im Bildungssektor und bessere Löhne.

– Aktuell ist die AfD in MV die stärkste Oppositionsfraktion und die insgesamt zweitstärkste Partei. Gleichzeitig zeigte der jüngste AfD Parteitag und eine Recherche von Katapult MV, dass hinter der bürgerlichen Fassade der Partei innere Zerstrittenheit und rechtsradikales Gedankengut stecken. Mit Spitzenkandidat Nikolaus Kramer zieht die AfD für Bürokratieabbau, Migrationsverhinderung und Atomstrom in den Wahlkampf.

– Chancen auf den Einzug in den Landtag haben dieses Jahr auch die Grünen und die FDP, nachdem beide Parteien zusammen nur in drei Landtagen vertreten waren. Während Die Grünen unter Anne Shepley mit Klima- und Umweltschutz werben, fordern die Liberalen mit Spitzenkandidat René Domke mehr Tempo bei der Digitalisierung.

Hinzu kommen dann noch kleinere Parteien wie NPD, Freie Wähler oder die Piraten mit geringeren Einzugschancen. Unterm Strich haben aber die Wähler:innen am 26. September die Möglichkeit, über die Zukunft dieses Bundeslandes zu entscheiden. Trotzdem kann man schon vor der Wahl vorsichtige Prognosen zum Ausgang und möglichen Koalitionen treffen. So kann man davon ausgehen, dass die SPD erneut stärkste Kraft im Landtag werden wird. Je nachdem, wie sie und die anderen Parteien abschneiden, könnte es nach fast 15 Jahren zu einer neuen Koalition kommen. Erste Zeichen, dass die SPD und Ministerpräsidentin Schwesig die GroKo in MV nicht fortsetzen möchten, gab es immerhin schon. Doch bis dahin wird noch viel Zeit ins Land gehen.

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