Kommentar zu Entscheidungen über Schwangerschaftsabbrüche
Von Sabrina Scholz // Illustration von Rosa Staiger
Wie sehr Freude und Leid beieinander liegen, habe ich letzte Woche sehr deutlich gemerkt. Am 24. Juni wurden zwei wichtige Entscheidungen zum Thema Schwangerschaftsabbruch in Deutschland und den USA getroffen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Dazu schreibe ich nun meine persönliche Meinung.
Was ist passiert? Der Deutsche Bundestag votierte mit breiter Mehrheit für die Abschaffung des Paragraphen 219a des Strafgesetzbuches, der das Werben für Schwangerschaftsabbrüche verbietet. Das Gesetz führte dazu, dass Ärzt:innen keine Informationen zu Abtreibungen veröffentlichen konnten, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen. Die Medizinerin Kristina Hänel wurde beispielsweise verurteilt, da sie Informationen zum Schwangerschaftsabbruch auf ihrer Internetseite zeigte. Seit fünf Jahren kämpft sie für diese Gesetzesänderung.
Warum ist das ein Erfolg? Es ist wichtig, dass sich Frauen im Internet oder über einen anderen Weg über diesen medizinischen Eingriff informieren können. So wie ich mich über Verhütungsmethoden und Geschlechtskrankheiten informieren kann, sollte dies auch für Schwangerschaftsabbrüche möglich sein. Vor allem sollten Ärzt:innen ihrer Informationspflicht nachgehen dürfen, ohne Angst vor einer Verurteilung haben zu müssen. Daher ist dieser Schritt meiner Meinung nach schon längst überfällig und ich begrüße die Entscheidung des Bundestags.
In den USA wurde nur Stunden später am Tag des 24. Juni eine weitreichende Entscheidung getroffen, die Millionen Menschen das Leben erschweren wird. Der Oberste Gerichtshof in Washington hat das bundesweite Grundsatzurteil zum Recht auf Schwangerschaftsabbruch gekippt. Demnach sind die einzelnen Bundesstaaten für die gesetzlichen Regelungen von Abtreibungen selbst verantwortlich. In vielen Bundesstaaten werden Schwangerschaftsabbrüche dann stark eingeschränkt, oder sogar komplett verboten.
Warum ist das ein Problem? Erstens wird hierbei stark in die Persönlichkeitsrechte von Frauen eingegriffen. Sie können nicht mehr selbst über ihre Körper und ihre Zukunft entscheiden, oder werden sogar für ihre Entscheidung stigmatisiert. Zweitens werden andere Wege gesucht, um Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Viele betroffene Frauen werden in andere Bundesstaaten reisen, um sich dort Hilfe zu suchen. Die Fahrt und die Kosten für Behandlung sind dementsprechend teuer und können oftmals nicht bezahlt werden. Besonders betroffen sind People of Colour und Menschen mit geringem Einkommen. Drittens wird befürchtet, dass Gesetze wie das Recht auf Schwangerschaftsverhütung oder gleichgeschlechtliche Beziehungen und Ehen durch die konservative Mehrheit im Supreme Court ebenfalls verändert werden könnten.
Und am allerwichtigsten: Nur weil Abtreibungen verboten werden, heißt das nicht, dass sie nicht stattfinden. Es werden dann andere, illegale Wege gesucht, die gesundheitsgefährdend für die betroffenen Personen sein können. Aus diesen Gründen halte ich das Urteil für falsch – es katapultiert das Land zurück ins Mittelalter. Frauen haben so lange für ihre Rechte gekämpft, von denen Selbstbestimmung über den eigenen Körper einen großen Teil einnimmt. „My body, my choice“ ist nicht nur ein Slogan, sondern ein großer Schritt in Richtung der Gleichberechtigung der Geschlechter.
Quellen:
Werbeverbot für Abtreibungen abgeschafft, tagesschau